
Humboldt-Universität zu Berlin / Universitätsarchiv
Weiterverwendung nur mit Genehmigung des Universitätsarchivs
Das philologische Seminarium ist ein öffentliches, mit der
Universität verbundenes Institut, welches den Zweck
hat, diejenigen, die für die Alterthumswissenschaft ge-
hörig vorbereitet sind, durch möglichst vielfache Üb[...]-
gen, die in das Innere der Wissenschaft führen, [...]
durch litterarische Unterstützung jeder Art weiter
und so auszubilden, daß durch sie künftig diese
Studien erhalten, fortgepflanzt und erweitert w[...]de[...]
Zur Aufnahme in dieses Institut sind daher in der R[...]-
gel nur diejenigen qualificirt, die sich vorzugs[...]-
se der Philologie widmen, nicht solche, die künftig v[...]
der Ausübung einer andern Fakultätswissenscha[...]
ihr Fortkommen erwarten.
Nur derjenige wird zur Aufnahme zugelasse[...]
1 Die Gründungstatuten des philologischen Seminars der Berliner Universität wurden am 28. Mai 1812 genehmigt. Die Eröffnungssitzung des Seminars fand mit einer Versammlung aller Mitglieder am 27. Juni 1812 statt (HUB, UA, Phil. Fak. Nr. 99, Bl. 17v).
der vorher wenigstens ein halbes Jahr immatrikulirter
Mitbürger2 dieser oder einer andern Universität
gewesen ist.
Die Aufnahme erfolgt nach einer strengen Prüfung,
nachdem der Aspirant eine Probearbeit eingereicht
hat, und über diese, so wie über die nötigen Vor-
kenntnisse überhaupt von dem Director3 der Anstalt
geprüft, und reif befunden worden ist.
Ausländer4, wenn sie auch wieder in ihr Vaterland
zurückkehren, können, im Falle sie sich durch Talent und
Eifer besonders auszeichnen, als Seminaristen, gleich
den Inländern, aufgenommen werden.
Die Anzahl der ordentlichen Mitglieder des Semi-
narii, wird für jetzt auf Acht festgesetzt; sie kann
jedoch in der Folge nach Befinden der Umstände
und nach vorgängiger Genehmigung des Departe-
ments des Kultus und öffentlichen Unterrichts ver-
mehrt werden.5
Auch wird es dem Direktor überlassen, zur
2 Mit der Immatrikulation erhielten die Studierenden das akademische Bürgerrecht und unterstanden der akademischen Gerichtsbarkeit.
3 Von der Eröffnung des Seminars 1812 an hatte August Boeckh die Direktion bis zu seinem Todesjahr 1867 inne.
4 Dies bezieht sich auf die Grenzen Preußens.
5 Die Zahl der Mitglieder wurde im März 1815 von 8 auf 10 erhöht (HUB, UA, Phil. Fak. Nr. 99, Bl. 41).
ordentlichen Mitgliedschaft noch nicht qualificirten,
aber gute Hoffnung von sich gebenden Studirend[...]
die Expectanz zu ertheilen, und sie als ausseror-
dentliche Mitglieder den Übungen der Seminaristen
beiwohnen zu lassen.
Schulamtskandidaten, oder schon angestellte Schulmän-
ner, die von den Staatsbehörden berufen sind, od[...]
die Erlaubniß erhalten haben, zu ihrer wissenscha[...]-
lichen Vervollkom̄nung noch eine Zeitlang die U[...]-
versität zu besuchen, haben bei gehöriger Qua[...]-
kation Zutritt zum Seminario, und nehmen th[...]-
tigen Antheil an den Übungen der ordentlichen
Mitglieder.
So wie ein unsittliches und rohes, Mangel a[...]-
senschaftlichem Geiste und an Sinn für edlere
Bildung verrathendes Betragen der Aufnahme
ganz unwürdig macht, eben so hat es auch d[...]
Exklusion zur unmittelbaren Folge, und w[...]
dem Direktor des Instituts frei gestellt, jed[...]
der sich eines solchen Betragens schuldig macht, o[...]
von dessen Untüchtigkeit oder Indolenz er sich
überzeugt hat, sofort aus demselben zu entfernen.
Die Direktion des Seminarii führt ein Lehrer der
Philologie, welcher zugleich ordentlicher Professor
bei der philosophischen Fakultät hiesiger Universi-
tät ist. Als Director des Seminarii erhält
er ein jährliches Gehalt von Einhundert Thalern
aus dem Universitätsfonds.
Die Übungen und Verhandlungen des Seminars sind
folgende, sämtlich in lateinischer Sprache anzustellen:
1, genaue Interpretation der griechischen und latei-
nischen Schriftsteller mit beständiger Rücksicht auf
Kritik, in zwei Stunden wöchentlich,
2, schriftliche Ausarbeitungen und mündliche, geregelte
Unterhaltungen theils über Abschnitte aus Autoren,
theils über Gegenstände aus den einzelnen Fä-
chern der gesamten Alterthumswissenschaft.
Alle vierzehn Tage ist eine Abendversam̄lung
von unbestim̄ter Dauer zum Vorlesen von
dergleichen Ausarbeitungen festgesetzt, wo denn
zugleich die Seminaristen unter Leitung des
Directors welcher die ihm eingehändigtenAus-
Ausarbeitungen bei den ordentlichen Mitglie-
dern circuliren lassen oder sie einem und
dem andern ordentlichen Mitgliede vorher
geben kann, ihre Urtheile und Gedanken über
dieselben mittheilen, und sich im Disputiren
und Lateinsprechen üben. Zu einer solchen
Ausarbeitung bekom̄t jeder Seminarist Acht
Wochen Zeit. Auf die pünctliche Ablieferung
der Arbeit wird streng gehalten. Wer
diese zweimal nicht zur rechten Zeit ohne
gegründete Entschuldigung abgiebt, kann
deswegen von dem Seminario ausge-
schlossen werden.
Alle vierzehn Tage in denjenigen Wo-
chen, in welchen keine Abhandlung gelesen
wird, versam̄eln sich die Seminaristen gleich-
falls Abends zu dem Zwecke, daß sie über
dasjenige, was ihnen in ihren Studien dun[...]
geblieben, Fragen aufwerfen. Jedes or-
dentliche Mitglied ist dazu berechtigt; v[...]
derselben abwechselnd sind aber verpflich-
tet, in einer Sitzung, jeder, eine Frage
vorzulegen. Die Ordnung, in welcherdiese
diese Übungen gehalten werden, bleibt der
Bestimmung des Directors überlassen.
Die schriftlichen Ausarbeitungen hat der
Director aufzubewahren, um wenn es
erforderlich ist, sein Urtheil über einzelne
Seminaristen damit bei der Behörde zu belegen.6
Diejenigen Seminaristen, welche sich durch ihre
Fortschritte empfehlen, sollen bei Vertheilung
der Stipendien und anderer akademischer
Beneficien vorzüglich berücksichtigt, auch sol-
chen auf den, bei dem Departement des
Kultus und öffentlichen Unterrichts anzubrin-
genden und durch Einsendung der Probe-
arbeiten zu motivirenden Vorschlag des
Directors, Prämien aus dem Universi-
tätsfonds angewiesen werden. Da auch
vorausgesetzt wird, daß der Director
die Studien der Seminaristen dergestalt
zu leiten suchen werde, daß jeder von ihnen
bei Zeiten einen philologischen Gegenstand
6 Solche studentischen Seminararbeiten sind weder im Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin noch im Geheimen Staatsarchiv PK oder in Boeckhs Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin-PK erhalten.
zur besondern gelehrten Bearbeitung, die
der öffentlichen Bekanntmachung einst
würdig seÿ, sich erwähle, so sollen die Se-
minaristen, welche bei ihrem, in der Re-
gel mit dem Abgang von der Unive[...]-
sität erfolgenden Austritt aus der Ansta[...]
dergleichen Specimina7 des Fleißes und der
Gelehrsamkeit liefern, durch Entschädigung
für die Kosten des Drucks und ihrer Promo-
tion ausgezeichnet werden. Zu diese[...]
Behuf und zu den obgedachten Prämien
so wie zur Remuneration des Directors
ist die Summe von Fünfhundert Thalern
jährlich auf dem Universitäts Etat ausge-
setzt, auf welche die Prämien, so wie [...]
erwähnten Entschädigungen und die Remune-
ration von dem Departement des Kultu[...]
und öffentlichen Unterrichts auf den Bericht
des Directors am Schluße jedes Semes-
ters angewiesen werden.
Jährlich am Schluß der Sommervorlesu[...]
7 Spezimen: Probearbeit.
und spätestens vor Anfang des neuen Lek-
tionskurses ist von dem Director des
Seminarii ein ausführlicher Bericht an das
Departement zu erstatten, in welchem ei-
ne Übersicht der angestellten Übungen
gegeben wird, die Mitglieder genannt,
die ausgezeichnetesten unter denselben
in wissenschaftlicher Beziehung näher cha-
racterisirt, und Probearbeiten von ihnen
beigelegt, auch die zuerkannten Prämien
angeführt werden. Empfehlungen von
Subjecten, welche der Anstellung in Lehr-
ämtern sich schon würdig zeigen, können
hiemit füglich verbunden werden.
Den ersten Bericht erwartet das De-
partement im August oder September
des Jahres 1813.
Reglement.
Das philologische Seminarium ist ein öffentliches, mit der Universität verbundenes Institut, welches den Zweck hat, diejenigen, die für die Alterthumswissenschaft gehörig vorbereitet sind, durch möglichst vielfache Üb[un]gen, die in das Innere der Wissenschaft führen, [und] durch litterarische Unterstützung jeder Art weiter und so auszubilden, daß durch sie künftig diese Studien erhalten, fortgepflanzt und erweitert w[er]de[n.]
Zur Aufnahme in dieses Institut sind daher in der R[e]gel nur diejenigen qualificirt, die sich vorzugs[wei]se der Philologie widmen, nicht solche, die künftig v[on] der Ausübung einer andern Fakultätswissenscha[ft] ihr Fortkommen erwarten.
Nur derjenige wird zur Aufnahme zugelasse[n]
1 Die Gründungstatuten des philologischen Seminars der Berliner Universität wurden am 28. Mai 1812 genehmigt. Die Eröffnungssitzung des Seminars fand mit einer Versammlung aller Mitglieder am 27. Juni 1812 statt (HUB, UA, Phil. Fak. Nr. 99, Bl. 17v).
der vorher wenigstens ein halbes Jahr immatrikulirter Mitbürger2 dieser oder einer andern Universität gewesen ist.
Die Aufnahme erfolgt nach einer strengen Prüfung, nachdem der Aspirant eine Probearbeit eingereicht hat, und über diese, so wie über die nötigen Vorkenntnisse überhaupt von dem Director3 der Anstalt geprüft, und reif befunden worden ist.
Ausländer4, wenn sie auch wieder in ihr Vaterland zurückkehren, können, im Falle sie sich durch Talent und Eifer besonders auszeichnen, als Seminaristen, gleich den Inländern, aufgenommen werden.
Die Anzahl der ordentlichen Mitglieder des Seminarii, wird für jetzt auf Acht festgesetzt; sie kann jedoch in der Folge nach Befinden der Umstände und nach vorgängiger Genehmigung des Departements des Kultus und öffentlichen Unterrichts vermehrt werden.5
Auch wird es dem Direktor überlassen, zur
2 Mit der Immatrikulation erhielten die Studierenden das akademische Bürgerrecht und unterstanden der akademischen Gerichtsbarkeit.
3 Von der Eröffnung des Seminars 1812 an hatte August Boeckh die Direktion bis zu seinem Todesjahr 1867 inne.
4 Dies bezieht sich auf die Grenzen Preußens.
5 Die Zahl der Mitglieder wurde im März 1815 von 8 auf 10 erhöht (HUB, UA, Phil. Fak. Nr. 99, Bl. 41).
aordentlichen Mitgliedschaft noch nicht qualificirten, aber gute Hoffnung von sich gebenden Studirend[en] die Expectanz zu ertheilen, und sie als ausserordentliche Mitglieder den Übungen der Seminaristen beiwohnen zu lassen.
Schulamtskandidaten, oder schon angestellte Schulmänner, die von den Staatsbehörden berufen sind, od[er] die Erlaubniß erhalten haben, zu ihrer wissenscha[ft]lichen Vervollkommnung noch eine Zeitlang die U[ni]versität zu besuchen, haben bei gehöriger Qua[lifi]kation Zutritt zum Seminario, und nehmen th[ä]tigen Antheil an den Übungen der ordentlichen Mitglieder.
So wie ein unsittliches und rohes, Mangel a[n wis]senschaftlichem Geiste und an Sinn für edlere Bildung verrathendes Betragen der Aufnahme ganz unwürdig macht, eben so hat es auch d[ie] Exklusion zur unmittelbaren Folge, und w[ird] dem Direktor des Instituts frei gestellt, jed[en,] der sich eines solchen Betragens schuldig macht, o[der] von dessen Untüchtigkeit oder Indolenz er sich
überzeugt hat, sofort aus demselben zu entfernen.
Die Direktion des Seminarii führt ein Lehrer der Philologie, welcher zugleich ordentlicher Professor bei der philosophischen Fakultät hiesiger Universität ist. Als Director des Seminarii erhält er ein jährliches Gehalt von Einhundert Thalern aus dem Universitätsfonds.
Die Übungen und Verhandlungen des Seminars sind folgende, sämtlich in lateinischer Sprache anzustellen:
1, genaue Interpretation der griechischen und lateinischen Schriftsteller mit beständiger Rücksicht auf Kritik, in zwei Stunden wöchentlich,
2, schriftliche Ausarbeitungen und mündliche, geregelte Unterhaltungen theils über Abschnitte aus Autoren, theils über Gegenstände aus den einzelnen Fächern der gesamten Alterthumswissenschaft. Alle vierzehn Tage ist eine Abendversammlung von unbestimmter Dauer zum Vorlesen von dergleichen Ausarbeitungen festgesetzt, wo denn zugleich die Seminaristen unter Leitung des Directors welcher die ihm eingehändigten
aAusarbeitungen bei den ordentlichen Mitgliedern circuliren lassen oder sie einem und dem andern ordentlichen Mitgliede vorher geben kann, ihre Urtheile und Gedanken über dieselben mittheilen, und sich im Disputiren und Lateinsprechen üben. Zu einer solchen Ausarbeitung bekommt jeder Seminarist Acht Wochen Zeit. Auf die pünctliche Ablieferung der Arbeit wird streng gehalten. Wer diese zweimal nicht zur rechten Zeit ohne gegründete Entschuldigung abgiebt, kann deswegen von dem Seminario ausgeschlossen werden.
Alle vierzehn Tage in denjenigen Wochen, in welchen keine Abhandlung gelesen wird, versammeln sich die Seminaristen gleichfalls Abends zu dem Zwecke, daß sie über dasjenige, was ihnen in ihren Studien dun[kel] geblieben, Fragen aufwerfen. Jedes ordentliche Mitglied ist dazu berechtigt; v[ier] derselben abwechselnd sind aber verpflichtet, in einer Sitzung, jeder, eine Frage vorzulegen. Die Ordnung, in welcher
diese Übungen gehalten werden, bleibt der Bestimmung des Directors überlassen.
Die schriftlichen Ausarbeitungen hat der Director aufzubewahren, um wenn es erforderlich ist, sein Urtheil über einzelne Seminaristen damit bei der Behörde zu belegen.6
Diejenigen Seminaristen, welche sich durch ihre Fortschritte empfehlen, sollen bei Vertheilung der Stipendien und anderer akademischer Beneficien vorzüglich berücksichtigt, auch solchen auf den, bei dem Departement des Kultus und öffentlichen Unterrichts anzubringenden und durch Einsendung der Probearbeiten zu motivirenden Vorschlag des Directors, Prämien aus dem Universitätsfonds angewiesen werden. Da auch vorausgesetzt wird, daß der Director die Studien der Seminaristen dergestalt zu leiten suchen werde, daß jeder von ihnen bei Zeiten einen philologischen Gegenstand
6 Solche studentischen Seminararbeiten sind weder im Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin noch im Geheimen Staatsarchiv PK oder in Boeckhs Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin-PK erhalten.
azur besondern gelehrten Bearbeitung, die der öffentlichen Bekanntmachung einst würdig sey, sich erwähle, so sollen die Seminaristen, welche bei ihrem, in der Regel mit dem Abgang von der Unive[r]sität erfolgenden Austritt aus der Ansta[lt] dergleichen Specimina7 des Fleißes und der Gelehrsamkeit liefern, durch Entschädigung für die Kosten des Drucks und ihrer Promotion ausgezeichnet werden. Zu diese[m] Behuf und zu den obgedachten Prämien so wie zur Remuneration des Directors ist die Summe von Fünfhundert Thalern jährlich auf dem Universitäts Etat ausgesetzt, auf welche die Prämien, so wie [die] erwähnten Entschädigungen und die Remuneration von dem Departement des Kultu[s] und öffentlichen Unterrichts auf den Bericht des Directors am Schluße jedes Semesters angewiesen werden.
Jährlich am Schluß der Sommervorlesu[ng]
7 Spezimen: Probearbeit.
und spätestens vor Anfang des neuen Lektionskurses ist von dem Director des Seminarii ein ausführlicher Bericht an das Departement zu erstatten, in welchem eine Übersicht der angestellten Übungen gegeben wird, die Mitglieder genannt, die ausgezeichnetesten unter denselben in wissenschaftlicher Beziehung näher characterisirt, und Probearbeiten von ihnen beigelegt, auch die zuerkannten Prämien angeführt werden. Empfehlungen von Subjecten, welche der Anstellung in Lehrämtern sich schon würdig zeigen, können hiemit füglich verbunden werden.
Den ersten Bericht erwartet das Departement im August oder September des Jahres 1813.
Berlin, den 28ten Mai 1812. Departement für den Kultus und öffentlichen Unterricht im Ministerium des Innern.Reglement.