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τὸ του πόλοῦ ἄστρον1 sei die Lotsung.
Ὁρκιον μεμνασθαι2 eine gewigtigeres Wort, eine spät auszusprechende
Anrufung.
Αδελφος3 aber unsern wechselseitigen süssen Nahmen, und so mit mein
lieber Adelf, durch ekle Windstille, und erwünschteren Sturm
in das Leben hinein. Wir kennen uns.
Auch ich, Adelf Louis, trage am grossen mittleren finger der linken Hand, den Stein dnach dem
Innern gekehrt, den Ring, den Siegel, das Hheilige Zeichen, welches mich nie verlassen
wird, wie ich dich nie verlassen werde. und mit diesem Wappen Ssiegle ich
meine Briefe, wie ich mit dem Monogramm meine unterschrift bewehre τ τ π α4
aber auch Koreff sollte sich den Siegelring anschaffen!
Schön hast du über Schwüre mir gesprochen, und mich beschämet, ich fühl' es,
worte doch sind immer eitel, und nur in dem Herzen ist das Leben, wie zuvor
so nur noch nach5, – zwei Engeln hatten den kind[...]ischen eEinfall in menschligerSpracheZunge zu einanger zu reden, und siehe sie haben sich nichts sagen können –
fühle dann die höhere Bedeutung von Ὁκιον μεμνασθαι6, mystische sacramental
worte sind unsere, einer wahren Kirche sacramental Worte.
Ich wahr lange ohne dir zu schreiben, sur les yeux de ta tête7, daß dir ein
solches nicht geschehe, ich hatte vieles dir zu sagen, wollte einen sehr langen
gewigtigen Briefen an dich schreiben, ward schlecht aufgelegt, und wurde
einige Mal gestöret. also hatt sich es verschläpt und ich schreibe dir endlig8
Heute spät in der nNacht anfangend sei es nur um dir kund zu thun daß ich
dir bald mehr zu senden werde.
Den Grünen9 hast du also, lieber, guter, ich whabe gelächtelt, er war dir,
was jenem Otaytyer10 zu in Paris, die Pflanze seines Landes. schmeichle
du ihm also, aber hütte dich auch, ih zu vieles und zu unbedingt zu bewundern,
dasß du mir ihn recenziren solst versteht sich von selbst, [...] noch mehr11, itzt giebt es
in Paris zwei Journale, füre vfremde und deutsche Litteratur
die alten, von schlechtem und gutem gemischten Anale litteraires de
1 Übersetzung: „Polarstern“. Dieser war das Erkennungszeichen des Nordsternbunds, dem Chamisso und de La Foye seit 1804 zusammen mit anderen jungen Dichtern und Gelehrten angehörten.
2 Übersetzung: „Erinnere dich an den Schwur“.
3 Chamisso redet seinen Freund mit dem griechischen Wort für Bruder, „Adelf“ (αδελφός), an.
4 Das Kürzel τ.τ.π.α. steht für τò τоυ πόλου αστρον, der „Polarstern“.
5 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso, Fragments inédits wird die Passage „wie zuvor so nur noch nach“ ausgelassen.
6 Übersetzung: „Erinnere dich an den Schwur“. Im ersten Wort hat Chamisso den zweiten Buchstaben vergessen.
7 Übersetzung: [ich schwöre] „bei den Augen deines Kopfes“.
8 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits wird das Wort „endlig“ ausgelassen.
9 Aufgrund der grünen Einbandfarbe wurden die 1804 bis 1806 publizierten Musenalmanache von Chamisso und seinem Freundeskreis als „Grüne“ oder „Grünlinge“ bezeichnet.
10 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso, Fragments inédits steht an dieser Stelle „Otahaitier“, womit wahrscheinlich das Volk aus Tahiti gemeint ist.
11 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „nochmal“.
l'œurope und ein neues geborenes Kind, der deudschen Litteratur
einzig gewidmet, von dem so viel ich weiß Lalande mit Herausgeber sein
wird, dein Dalberg steckt auch dahinter, ich habe für dich von dir die Idee schön
längst gehabt, daß du dich dsorge tragen solltest daß die Franzosen auch
mit unter edwas gutes gescheidtes vernehmen über ihre Nachbaren, und
daß du in einem dieser Journale auftreten solltest. in den Analles
litteraires unter fvielen Verkehrtheiten finden sich gute aufsäze des sehr schäzbaren
Villers. Siehe zu daß du zu einem dieser Journalen gelangest.
Da konntest du von deinem Wilhelm und der zu erscheinenden
Uebersetzung12 zuforderst sprechen, so dann würd' ich mich grünligst
deiner Huld empfehlen, [...]die leuten müßten staunend erfahren daßsie mann sich auch von ihnen zu den especes de sauvages qui en baraguinant, habitent
le nord et l'allemagne13, flüchten könne, ich würde dir auch von zeit
zu zeit einige Notizen und articeln verschaffen können. wenn du nichts
anders und besseres weißt so schreibe grade zu mit Probearbeiten
an die Herausgeber und bewehre dich beim eintrit als ein mann
der die alten und mehere neuen Sprachen kennt. über Metrique
prosodie, Sprache, übersezungen der Deutschen würdest du manches
Gute sagen konnen, und bücher wollte ich dir von zeit zu zeit
schicken, (ich habe einen Homer von Voss.14 für dich gekauft.)
Zu dem wehrt des Grünen zurück gekehrt, ich schätz ihn weil er Gutes
gestiftet hat. als Manuscript für Freunde hat er [...] Wert und
so wünsch ich daß er leben möge, als edwas an und für sich da taugt
er in die unermässlige flut des nicht besten, und gewicht los
durch seine form, h[...]t vermögen ihn nicht empor zu halten
eine guten15 Blätter die er haben mag. ein Sonnet16 schäz ich
12 De La Foye hat die von ihm erarbeitete Übersetzung von Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre weder abgeschlossen noch veröffentlicht.
13 Übersetzung: „zu den Wildartigen, die Kauderwelsch reden/radebrechen und im Norden bzw. in Deutschland wohnen“.
14 Hiermit ist die Übersetzung von Homers Odyssee oder der Ilias von Voss gemeint.
15 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „einige guten“ anstelle von „eine guten“.
16 Das de La Foye gewidmete Gedicht trägt den Titel: „τὸ του πόλοῦ ἄστρον [Polarstern]. An Louis de la Foye“.
unter meinen Beiträgen, das ist das an dich, und auch mein Stabat20
ist nicht übel. – daß
(daß ich es nicht vergesse den Vers den du mir geschickt ist nicht
da[...]s was mir gefehlt, schicke mir die letzte Stanze ganz.)17
und nun wieder zu wilhelm. dieses muß ich dir sagen: Ducis ist ein
sehr schäzbarer mMensch [des]von rechtschaffenst[...]em und leutseligem Caractere, er liest
den Schäckspaeear, und bewundert ihn, und soll ihn auch verstehen.
sein streben ist gewesen ihm eEingang unter seinen landsleuten zu verschaffen
und dazu [...]hat er ihmn freilig [...] in moderner Franzoscher Tracht zu vermumen
müssen, er hat sich mutig an das frisiren gemacht und die Alexandriner
haben geregnet, wie auch den ganzen Tross anderer eErfindungen, womit
er ihn den Helden gemartert hat, gut soll er es indessen gemeinet haben, und
soll vielle voruhrtheile nicht teilen denen er vielleicht doch gehulgdigt
hat, wärest du so weit daß du die aufführung des Hamlet hinter
dich hättest, so könntest du dich zu mit deinem Manuscript
an ihn wenden, und ihn bitten einen langen schönen Brifen schreiben
über der Deutschen Litteratur die der sbessern englischen verwandt sei
ihm von seinen Bemühungen und der den deinen sprechen, und ihn, den
in besitz eines Nahmen stehenden Gelehrten, bitten, daß er dein, diesen behülflig sei u.s.w. er könnte dir
Manuscript anbringen
seinem Verleger empfelen, und auf jedem fall würdest du ihm ge=
schmeichelt haben – er wohnt in seinem wohlgegründeten Hause in Versaille
– gewöhnlige englischer Romanen übersezungen fabrick geben nicht
mehr als höchstens 2, 3oder 3. Thaler den Bogen. besser konntest du
durch ein Ducis in die Welt treten, und gut were es auch lerm
in Zeit schriften geblasen zu haben. – noch eins kann ich dir
sagen, um auf daß du dir einer Stärke bewußt seist vom gewohnligen
Beletristen Tross in Paris kann jetzt keiner Grichisch. Das
kannst du als ein Deutscher füglig ignorieren. –
Wer nie sei brot mit thränen aß. &18.
17 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt der eingeklammerte Satz.
18 Chamisso zitiert hier ein Gedicht Goethes aus Wilhelm Meisters Lehrjahre.
habe ich versucht es ist so weit ganz gut daß es noch gar nicht franzosch
geworden ist, hat aber leider aufgehort fran deutsch zu sein.
Ich hab mit Fichten über Wilhelm gesprochen, seine mMeinung ist es sei
es sei19 eine keine Frucht versprechende Bemühung sei20, daß dieses zuvorder[st]
für die Franzosen zu thun sei, und ehes es geschehen, alles andre sei nur
eitel, nehmlich sie — — Griechisch zu lehren.
Eine Schmerzen volle Erfahrung die ich gemacht habe, muß ich dir
mittheilen. — hast du mir von Krutener jemals21 sprechen hören. Der
Junge Mann schien ein schönes Gemüth ,zu haben, Ahndung des Höheren, und
Verachtung gegen dasen Hof Pöbel daser ihn umsauste – seine Taubheit die
ihn f[...]st[...]us nicht in [...] der Geselschaft sein Plaz zu weisenies, [schien] ihm noch zur
Wehre gegeben zu sein, er hatte sich an mich gehängt, sich in meine
Arme gesworfen da sein Vater ihm gestaorb,en war, schwüre mir der Freundschaft
gethan, die ich iaus dem reinen Herzen stiegen, so war er mir noch
vor einem Jahre ein Freund, er geht und schwört mir, an mich
zu schreiben, er schreibet nicht an mich, das lass ich noch gut sein,
endlich ich erfahre22 dasß er hieher erwartet wird, und zurück kehret,
dess freu ich mich, – freue mich – und erfahre nun daß er bereits
seit einigen wochen hier ist und erfahre das durch die Leute, ichsgehe alsobald zu ihm, finde ihn nicht, schreibe an ihn – und –
– erhalte keine Andwort. – fahre du hin,! ich habe einen,
meinen Lafoye, meinen Louis, und der wird nicht von mir gehen.
fahre du hin!!.
Die Haack hat uns nicht anvertraut was sie haben will von
Seiner Majestät, wohl aber in einem zweiten Briefen sich bestens
bedankt. und sich dir empfohlen.23
Gibbon will nicht daß du ihm edwas schuldig seist, ich werde
es ihm noch einmahl anheim stellen sich zu melden mit seiner
Schuld, und dann pfeife du ihm in gottes nahmen zum andenken
einen preussischen regiments mMarsch. —
19 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt die Wiederholung des „es sei“.
20 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits wurde dieses „sei“ ebenfalls nicht transkribiert.
21 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „zumals“.
22 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „endlich erfahre ich“.
23 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt dieser Absatz.
après plusieurs mois de silence je recois dans cette instant cette lettre de Konigsberg.
datee de 26. Fevrier.2421
Je conviens, mon Cher Ad, que si tu etois aussi longtemps que je le fais sans m'écrire, je t'en
voudrois beaucoup, je crois que je ne recevrois aucune excuse, cependant tu es si bon que lorsque
j'auroi allegué mes raisons je ne doūte pas que tu ne demande pardon à une sœur qui ne cesse
de penser à toi, d'avoir pu former sur elle des soubçons aussi injurieux, pour en venir
au fait, la cause de cette apparente negligence est l'incertitude où je suis sur mon sorts
Je differois toujours esperant avoir quelque chose de positif à tapprende pour cett[es]
fois tu ne sauras encore rien je n'ai pas reçu les nouvelles sur lesquelles je comptois.
Jetois invitée aujourd'hui à un grand bal mais tu sens bien qu'áyant consacre cette soiréeà toi et à mamere et à toi je n'ai pas hesité un moment à refuser. lorsque je compare
les amusements factices de la Societé avec le plaisir pur que j'eprouve à te repeter que
tu est pour jamais celui en qui j'ai mis toute mon estime toute ma confiance que
tu ne saurois trouver dans le monde un étre qui t'aimâts avec plus de cincerité
et de tendresse que ceres, alors je prends presque la resolution de navoir plus
aucun commerce avec le reste des hommes. —
– – mon ami, mon frere, pourquoi faut il que nous soyons separés, je t'aime tant
que près de toi je ne pourrois manquer de contribuer à ton bonheur, je dis
contribuer par Modestie car mon ambition ne serois pas satisfaite si je ne
pouvois seule te le procurer adieu encore une fois. Cesar se porte bien ecris moi
tout de suite – je dois te quitter mais j'ai tant de choses à te dire, ça sera
pour la premiere fois – mon dieu si j'etois près de toi, oh je ne saurois
être plus à toi qu'à present pour la vie ta Sœur
Donne moi des nouvelles de ta famille lorsque tu en reçois, et M.r
de Lafoye, noublie pas de m'en parler tu ne saurois croire combien je
m'interesse à lui. rappelle moi à son souvenir.25
fest und fester, Adelf, weben die Seltsamen Banden sich in dennen dies Weib mich
gefesselt hällt, und ich gehöre ihr ganz, ganz an, je me suis aimer d'elle26,
aber nicht aus eiterer27 reiner ätherischer Wahrheit sind werden diese Bande gewoben und
helf' ich täglig sie unzerreissbarer zu[machen]flechten. Das schmerzt mich, aber genuch
verhängt ist es [...] soitzt, und muß nach seinen gesätzen fort rollen. ein
Wort nur von ihr, und wohl hätt ich es jener sagen müssen
Nicht mir, nicht dir gehör ich an, Augusta.
aber, daß ich, sie anstaunend, blind bin, wie in denie Sonne sSchauend blind!!
24 Übersetzung: „Nach mehreren Monaten der Stille erhalte ich in diesem Moment diesen Brief aus Königsberg, datiert auf den 26. Februar.“
25 Bei diesem französischen Teil (ab „Je conviens“) handelt es sich um die Abschrift eines Briefes von Cérès Duvernay an Chamisso. Übersetzung:
„Ich gestehe, mein lieber Adelbert, dass, wenn Du mir solange nicht schreiben würdest, wie ich es tue, ich es Dir sehr übel nehmen würde. Ich glaube, dass ich keine Entschuldigung annehmen würde. Dennoch bist Du so gut [lieb?], dass ich meine Gründe angegeben hätte. Ich zweifle nicht, dass Du eine Schwester, die an Dich immer denkt, dafür um Vergebung bittest, sie auf so ehrenlose Weise verdächtigt zu haben. Um zu der Sache zu kommen ist der Grund dieser scheinbaren Nachlässigkeit die Unwissenheit, in der ich bezüglich meines Geschickes bin. Ich verzögerte immer, dabei hoffend, dass ich Dir etwas Sicheres zu melden haben würde. Für dieses Mal sollst Du noch nichts erfahren, ich habe die Nachrichten nicht erhalten, mit denen ich gerechnet hatte.
Ich war heute zu einem großen Ball eingeladen, aber Du spürst schon, dass ich, indem ich diesen Abend meiner Mutter und Dir gewidmet habe [i.e. mit Schreiben von Briefen an diese], keine Sekunde gezögert habe, abzusagen. Wenn ich die künstlichen Vergnügen der Gesellschaft mit der Freude vergleiche, die ich empfinde, wenn ich Dir wiederhole, dass Du auf ewig derjenige bist, in den ich all meine Achtung, mein Vertrauen gesetzt habe, dass Du in der Welt kein Wesen finden könntest, das Dich mit mehr Ehrlichkeit und Zärtlichkeit liebte als Deine Ceres, dann fasse ich beinahe den Entschluss, gar keinen Verkehr mit dem Rest der Menschheit [oder: mit allen anderen Männern] je zu haben.
Mein Freund, mein Bruder, warum müssen wir getrennt sein, ich liebe Dich so, dass ich in Deiner Nähe unfehlbar zu Deinem Glück beitragen würde. Beitragen sage ich aus Bescheidenheit, denn mein Streben und Ehrgeiz wären nur befriedigt, wenn ich allein imstande wäre, Dein Glück zu sein. Cesar geht es gut. Schreibe mir zum ersten Mal - mein Gott wäre ich in Deiner Nähe, oh, dann wüsste ich nur noch Dein sein, ab jetzt fürs Leben, Deine Schwester.
Gib mir Nachrichten von Deiner Familie, so Du solche bekommst, und Monsieur de Lafoye, von dem darfst Du nicht vergessen zu berichten. Du würdest nicht glauben, wie sehr ich mich für ihn interessiere. Empfehle mich seiner Erinnerung.“
26 Übersetzung: „Ich habe mich bei ihr beliebt gemacht.“
27 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „heiterer“.
wärst du hier, du müsstest mir deine Augen geben, müsstest
mir villeicht nach Konigsberg zu ihr28. — ist sie denn auch ganz WahrDie haltt sie wenigstens nicht zurück, die ewig es umgeht mir
edwas anders zu sagen, als: je t'aime, je t'aime pourtoi29, und, auf,
filleicht, daß diese Rechte mir heiliger seien, je ne pretends aucun [droite] sur
toi, je ne veux que cela seul que tu sois heureux30. Spielt ausch sie nicht Schach edwa.
— Boraston mögte einst eines St Preux31 wohl bedürftig sein. –
das mir eErscheinen dieses weibes, (und ich habe ihr selber auch dies[Bild]Gefühl zu entfalten gesucht) errinnert mich immer an diese Worte.
βῇ δε κατ’ Ολύμποιο καρήνων ἀϊξασα.
Οἷον δ’ ἀστέρα ἡκε Κρονου παῖς ἀγκυλομήτεω,
ἢ ναυτῃσι τέρας, ἠὲ στρατῷ εὐρέϊ λαῶν,
λαμπρόν τοῡ δε τε πολλοὶ ἀπὸ σπινθῆρες ἵενται
τῶ εἰκυῖ’ ἤϊξεω ἐπὶ χθόνα Παλλας Ἀθήνη,
καδ’ δ’ εθορ ἐς μέσσον∙ θαμβος δ’ἔχεν εἰσορόωντας
Τρωάς θ’ ἱππωδάμους καὶ ἐΰκνημιδας Ἀχαιους.
ὧδε δε τις εἴπεσκεν ἰδων ες πλησίον ἄλλον.
Ἧ ῾ρ’ αῦτις πόλεμός τε κακὸς και φύλοπις αινη
ἔσσεται, ἢ φιλοτητα μετ αμφοτέροισι τίθησι
Ζεύς, ὅς τ’ ανθρώπων ταμίης πολέμοιο τέτυκται.32
aber du sollst auch wissen wie ich an Sie schreibe
— — mais tu me promets dans peu une lettre plus volumineuse, je veux croire en tes
parolles et esperer en tes lettres — Ceres, ma Soeur, ma bien aimée, n'aflige plus ton
Ad – et pourquoi nous aimerions nous, pourquoi nous t'aurais je été donné, si ce
n'est afin que je portasse ctes peines dans mon Cœur et que tu l'appuiasses assez sur moi,
pourquoi t'aurois-je moi meme si ce nest afin de retrouver ma vie toute entiere et
plus riche et plus belle en celle à laquelle je la donne, mon amie, je tappartiens, je
suis à toi, mais je ne puis lire dans le Manuscript du [...] temps qu'à mesure quil se
deroule et l'avenir m'est caché j'ai cependant de la confience dans lauteur qui
à tracé les caracteres et qui en a Connu le sens. adieu je taime et tu mecrieras33
übriegens sag ich ihr auch das daß ein Mädgen mir von meinen Aeltern34 bestim̄t
wird35. — ich erwarte mit sSehnsucht und bangem Gefühle. hählt sie vielleicht aber
auch zu mir diese Aetherische Liebe, die sie allein von ihrer Ichheit mir36 preis giebt.
28 Cérès Duvernay trat Ende 1804 eine Stelle als Hauslehrerin in Königsberg an (Feudel, S. 38).
29 Übersetzung: „Ich liebe dich, ich liebe dich um deinetwillen.“
30 Übersetzung: „Ich erhebe keinen Anspruch auf dich, ich möchte nur dieses eine - dass du glücklich seist.“
31 Boraston und Saint Preux sind Figuren aus Rousseaus Julie ou la Nouvelle Heloise.
32 Chamisso zitiert hier aus Homers Ilias, 4. Buch, V. 74–84 (Übersetzung von Voss im Projekt Gutenberg [Zugriff 27.01.2014]). Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt der Absatz von „Boraston mögte einst“ bis zum Ende des griechischen Zitats.
33 Bei diesem französischen Teil handelt es sich um die Abschrift von Chamissos Antwortbrief an Cérès Duvernay. Übersetzung: „Aber Du versprichst bald einen umfangreicheren Brief, ich will an das, was Du sagst, glauben und auf Deine Briefe hoffen - Ceres, meine Schwester, meine Geliebte, betrübe doch nicht weiter Deinen Adelbert - und warum würden wir uns lieben, warum wäre ich Dir gegeben worden, wenn ich damit nicht Deine Leiden in meinem Herzen tragen kann, damit Du Dich genug auf mich stützst. Warum hätte ich selbst Dich, wenn ich damit nicht mein ganzes Leben, reicher und schöner, derjenigen geben kann, der ich es gebe. Meine Freundin, ich gehöre Dir, ich bin Dein, aber ich kann in der Handschrift der Zeit nur soweit lesen, wie sie sich entrollt, und die Zukunft bleibt mir geheim. Dennoch habe ich Vertrauen in den Autor dieser Zeichen, der deren Sinn nicht verkannt hat. Adieu, ich liebe Dich und Du schreibst mir.“
34 Das sind Louis Marie de Chamisso de Boncourt und Marie Anne Chamisso. Diese planen später, Chamisso mit einer nicht eindeutig identifizierbaren Frau zu verheiraten.
35 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „ist“ statt „wird“.
36 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „nur“ statt „mir“.
Wir, junge Leute, mein lieber Adelf, dichten öfters mit dem gewöhnligen Lieben 22
statt in ihr nur zu dichten, errinnre dich des Wortes des Meisters, (Koreffs) Wahrheit,
Wahrheit mit uns selber. dies Dichten scheint mir der fall zu sein bei dir, mit meiner
augusta, du hast es höher genom̄en wie die Sache jemals zu steigen zu wollen
das Ansehen hatte. — Dem sei es aber wie es wolle, itzt sehen wir uns nur selten
in dem freudenlosen bürgerlichen Verhältnisse eines ennuianten uUmganges, sollte wohl
der Blumengarten einst wieder Blühen, und ich sie in jener aAllee wiederfinden,
so viel scheinet mir wohl wahr, sie ist eine Blume eines milderen
Himelstriches die da in ödem Sande, den nur des Winters Winde durchstreichen
und heimsuchen seine Schneen, verdorr nicht aufblühet und verdorrt.
wohl ist sie die Verfasserin der Stanze, der Variazionen, und jener Gedichten
im Grünen37, die dem Fichte diesen Uhrtheil erpressten, die Hätte es auch
wohl können bleiben lassen, schwach sind die Dinge, für wahl wer gestehtet
es nicht, manches aber, scheint mir nicht Mmachwerk zu sein.
Adelf, Liebe, gute Seele, wie senken sich deine Worte in mein Herz! sprich
mir von deiner B[...] Friedericke, was hat sie dir, was du ihr geschrieben38. auch
jenes Bild einer raschen Erscheinung lebet also in dein Herz, das ist gut
Adelf und ich lobe es. — mir will es manchmahl also erscheinen als
wäre alles gut, und wohlthätig für uns gesponnen, in jener Kette
von Mängeln und positiven Unglücken, die [e] wie sie mit dembzu
ersten Blick zu erschauen ist, welche unsre Leben erfaßt hat, nur
sie hatt uns zusamen Bringen können und zu den Freunden, uns die
Zeit der ersten Grünen39 erblühen lassen, und biß auf Schulden deren
wir uns bewußt sind, können ausser40 ihrer Kostbaren [Erfahr]ung, auch nach41
künftig hin, deucht es mir, schöneres uns erblühen lassen. Drum an
uns selber nur42 und an einander, fest und nicht verzagend gehangen,
nur die Zukunft hat den Schlüssel zu derm Rätzel der Gegenwatrt.
Deine Ideen zu Briefen, und was du bei Gelegenheit der Lettres de deux
amans qui ne se sont jamais vus sagst hat mich ganz hingerissen, lies
doch ja dies Buch, vermutlig ein sehr schlechtes, und schreibe du nach deinem
Sinne solche Briefen, wohl Briefen43 der ewigen Liebe, an das Ideal.
37 Im Musenalmanach auf das Jahr 1805 sind von Auguste Klaproth fünf Gedichte erschienen: Frühling, Göthe, Mignon, Variazion und Sonett.
38 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt dieser Satz.
39 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „des ersten Grünen“.
40 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „aus“.
41 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „noch“ statt „nach“.
42 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits wurde das Wort „nur“ ausgelassen.
43 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt „wohl Briefen“.
fiele Deutschen Dichter haben aber schon, zwar nur imer einzelne [kindische]44
Gedichte, an die Künftige geliebte gedichtet, so sind einige Stücke im
ersten und zweiten Grünen, die du erkennen wirst. — laß mir aber
noch mehr darüber hören, und erfreue mich villeicht mit proben, ich wollte
sie hier wohl unterbringen.
Göttlich irronisch ist dein Einfall daß du Mondsüchtig bist, und auf meiner
Ehre ich mögte es wohl mit dir sein, ein Mondsvirtel eder edelsten Freiheit
zu gewinnen ist ja edwas herrliches, – ist edwas grosses, höres,
wie?, was?, wovon wollten wir da vor den die Mäuler weit aufspärenden
heilig aussprechen? und hönen der [eken] frazen mit mMacht – mancher
müßte doch sagen
Ὡς ἔφαθ’. οἱ δ’ ἀρα παντες ακην ἐγένοντο σιωπῃ,
Μύθου ἀγασσαμενοι μαλα γὰρ κρατερῶς ἀγορευσε45
Auch die Beibehaltung der Pfeife lob' ich, sie ist dir jetzt die Frucht des
Vaterlandes, wie schmauchen und dampfen wollen wir einstens vereint[...]
und deutsch zusam̄en sprechen. ein mahll in dem Lande der Geburt franckreich
müssen wir doch nach dem aufgang die augen Werfen, dasem Lande der Erlosung
unserm Deutschlande, und wieder uns sehnen, wie nach dem Ewigkeits blicke
des Nordes Sternes schauend selber schauend, den deutschen sind wir doch,
— also, lieber Louis, ist die irdische Wohnung die Wohnung der Sehnsucht.
Diene du dem Koreff wenn er es verlangt oder brauchen kann
mit Exemplare von 1804. oder auch mit einem von 1805. ich mögte
daß er den grünen samen unter den Parisischen gelehrten streue
und er hat es zu thun angefangen. ich ersetze dir den Verlust bei
der nachsten[...] Bücher Sendung mit der ich mich diese Tage beschäftigen
will. ich werde neu kaufen mit einem Rabat von 12 pro 100.
und alt was ich kriegen kann.
Deinen Abschietd habe ich diese Tage erhalten, und nach langen langsamen
Bemügungen, die Hunden haben es übel genomen und sie haben darüber schwer geseufzet
daß du das Blat geschnitten hattest, und so weiter. ich schicke ihn dir nicht
in diesem Briefen und erwarte entweder Befehle, oder eine gelegenheit, zumal
da ich glaube daß gesetzt auch [daß] du le Mal Prussien46 hättest, du doch andres
Papier finden würdest, und nicht dich darum noch nicht gezwungen Dich fändest dich unter
den Gens civiles zu begeben.47
44 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits wird „kindische“ ausgelassen.
45 Chamisso zitiert hier aus Homers Ilias. Diese Verse wiederholen sich dreimal: 8. Buch, V. 28-29 (Übersetzung von Voss im Projekt Gutenberg [Zugriff 27.01.2014]); 9. Buch, V. 430-431 und V. 693-694. Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt der gesamte Text von „wie?, was?“ bis einschließlich des griechischen Zitats.
46 Hinter dem Namen „le mal Prussien“ verbirgt sich eine Durchfallkrankheit, die auf der Grundlage einer bakteriellen Infektion mit Viren oder Parasiten ausbricht.
47 Mit den Gens civiles sind die Bürger gemeint. Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt der Abschnitt von „und dich darum“ bis „zu begeben“.
ich schicke48 dir nachstens einige gedichteten kleinigkeiten und darunter
das von Wilhe[...]lm mit Comentar. heut ist schon fürcht ich sehr49
das maß übergelaufen.. ferner wird auch bald der Tag erscheinen
und ich hätte doch biß wieder zu der Nacht schreiben mögen, also
treibe es auch du. sag mir wenn du mein geschmire gut
lesen kann, und gmit meiner [...]aue vertraut genuch bist um nichts
zu verlieren. wie das gedrukte [...]es ich was du schreibt, auch ist
freilich dein reiner Natürlicher heerliger still dem leser viel
günstiger als mein zusammen gehackter sein mag.
mein 2ter Bruder50 mögte (leise unter uns) bald Hheiraten, dann
mogte ich villeicht anno 651 gleich da bleiben, gott über alles! –52
wie geht es mit deiner anstellung. ich hatte sähe dich doch nicht gern in
den fesseln einer ähnligen Stäelle, und solch ein Diener eines solchen
Amtes53, – ich habe Ideen zu einigen Rabelaischen ged Capitteln54.
nim̄t das papier sie auf so gehts grad nach Caen. —
was schütz dich de[...] gegen einer Flinte? —55
48 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „schreibe“ statt „schicke“.
49 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt „sehr“.
50 Hier ist entweder Hippolyte de Chamisso oder Charles de Chamisso gemeint.
51 Gemeint ist: 1806.
52 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt dieser Satz.
53 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „Staates“.
54 Chamisso hat das Berliner Französische Gymnasium zwischen 1797 und 1798 besucht, wo er unter anderem Philosophie und Physik bei Paul Erman belegte, der ihm Rabelais näher brachte.
55 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt dieser Satz.
Die Kohen schatzt dich unendlich ihr geht es schlimm und schlimmer
auch die Sander. sie bedauert sehr meinen Adelf nicht habe kennen
gelernet zu haben. Gruß und Errinnerung von Beiden,
ich sreibe wenig mit Varnhahgen und immer mit von
dir [...] Utmann umarmt dich mit liebe, ihm geht es
noch nicht ganz wohl, er scheint Bräutigam zu sein, einer
Schwester von Eduard, — Neum Heimann —
wenn ich reich wäre ich wol[...] ihn stehlen, in die
Tasche in stecken und somit nach Italien alda würde
ich ihn heraus schütteln und ihm sagen – Lauf!–
er liebt dich sehr.
geh ich nach Frankreich mit der Ausigt dort zu Bleiben
so muß ich doch auf dem Weg hin, Dresden und edwas von Sachsen
gesehen haben. – dann müssen wir in der Zukunft
einige Uhrlaube von nach Deutschland nehmen.
56 Chamisso zitiert hier aus Anakreons Ode 9, V. 36-37. Übersetzung: „Hast du mich doch so schwatzhaft / Gemacht, als eine Krähe.“ (nach Ramler, S. 29).
57 Übersetzung: „Sei mir gegrüßt, (mein) Bruder.“
58 Das Kürzel τ.τ.π.α. steht für τò τоυ πόλου αστρον: der „Polarstern“. Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt mit Ausnahme des Datums die gesamte Abschiedsformel.
τὸ του πόλοῦ ἄστρον1 sei die Losung. Ὁρκιον μεμνασθαι2 ein gewigtigeres Wort, eine spät auszusprechende Anrufung. Αδελφος3 aber unsern wechselseitigen süssen Nahmen, und so mit mein lieber Adelf, durch ekle Windstille, und erwünschteren Sturm in das Leben hinein. Wir kennen uns.
Auch ich, Adelf Louis, trage am mittleren finger der linken Hand, den Stein nach dem Innern gekehrt, den Ring, den Siegel, das heilige Zeichen, welches mich nie verlassen wird, wie ich dich nie verlassen werde. und mit diesem Wappen siegle ich meine Briefe, wie ich mit dem Monogramm meine unterschrift bewehre τὸ του πόλοῦ ἄστρον4 aber auch Koreff sollte sich den Siegelring anschaffen!
Schön hast du über Schwüre mir gesprochen, und mich beschämet, ich fühl' es, worte doch sind immer eitel, und nur in dem Herzen ist das Leben, wie zuvor so nur noch nach5, – zwei Engeln hatten den kindischen Einfall in menschliger Zunge zu einanger zu reden, und siehe sie haben sich nichts sagen können – fühle dann die höhere Bedeutung von Ὁκιον μεμνασθαι6, mystische sacramental worte sind unsere, einer wahren Kirche sacramental Worte.
Ich war lange ohne dir zu schreiben, sur les yeux de ta tête7, daß dir ein solches nicht geschehe, ich hatte vieles dir zu sagen, wollte einen sehr langen gewigtigen Briefen an dich schreiben, war schlecht aufgelegt, und wurde einige Mal gestöret. also hatt sich es verschläpt und ich schreibe dir endlig8 Heute spät in der Nacht anfangend sei es nur um dir kund zu thun daß ich dir bald mehr zu senden werde.
Den Grünen9 hast du also, lieber, guter, ich habe gelächelt, er war dir, was jenem Otaytyer10 in Paris, die Pflanze seines Landes. schmeichle du ihm also, aber hütte dich auch, zu vieles und zu unbedingt zu bewundern, daß du mir ihn recenziren solst versteht sich von selbst, noch mehr11, itzt giebt es in Paris zwei Journale, für fremde und deutsche Litteratur die alten, von schlechtem und gutem gemischten Anale litteraires de
1 Übersetzung: „Polarstern“. Dieser war das Erkennungszeichen des Nordsternbunds, dem Chamisso und de La Foye seit 1804 zusammen mit anderen jungen Dichtern und Gelehrten angehörten.
2 Übersetzung: „Erinnere dich an den Schwur“.
3 Chamisso redet seinen Freund mit dem griechischen Wort für Bruder, „Adelf“ (αδελφός), an.
4 Das Kürzel τ.τ.π.α. steht für τò τоυ πόλου αστρον, der „Polarstern“.
5 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso, Fragments inédits wird die Passage „wie zuvor so nur noch nach“ ausgelassen.
6 Übersetzung: „Erinnere dich an den Schwur“. Im ersten Wort hat Chamisso den zweiten Buchstaben vergessen.
7 Übersetzung: [ich schwöre] „bei den Augen deines Kopfes“.
8 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits wird das Wort „endlig“ ausgelassen.
9 Aufgrund der grünen Einbandfarbe wurden die 1804 bis 1806 publizierten Musenalmanache von Chamisso und seinem Freundeskreis als „Grüne“ oder „Grünlinge“ bezeichnet.
10 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso, Fragments inédits steht an dieser Stelle „Otahaitier“, womit wahrscheinlich das Volk aus Tahiti gemeint ist.
11 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „nochmal“.
l'œurope und ein neues geborenes Kind, der deudschen Litteratur einzig gewidmet, von dem so viel ich weiß Lalande Herausgeber sein wird, dein Dalberg steckt auch dahinter, ich habe von dir die Idee schön längst gehabt, daß du sorge tragen solltest daß die Franzosen auch mit unter edwas gescheidtes vernehmen über ihre Nachbaren, und daß du in einem dieser Journale auftreten solltest. in den Analles litteraires unter vielen Verkehrtheiten finden sich gute aufsäze des sehr schäzbaren Villers. Siehe zu daß du zu einem dieser Journalen gelangest. Da konntest du von deinem Wilhelm und der zu erscheinenden Uebersetzung12 zuforderst sprechen, so dann würd' ich mich grünligst deiner Huld empfehlen, die leuten müßten staunend erfahren daß mann sich auch von ihnen zu den especes de sauvages qui en baraguinant, habitent le nord et l'allemagne13, flüchten könne, ich würde dir auch von zeit zu zeit einige Notizen und articeln verschaffen können. wenn du nichts anders und besseres weißt so schreibe grade zu mit Probearbeiten an die Herausgeber und bewehre dich beim eintrit als ein mann der die alten und mehere neue Sprachen kennt. über Metrique prosodie, Sprache, übersezungen der Deutschen würdest du manches Gute sagen konnen, und bücher wollte ich dir von zeit zu zeit schicken, (ich habe einen Homer von Voss.14 für dich gekauft.)
Zu dem wehrt des Grünen zurück gekehrt, ich schätz ihn weil er Gutes gestiftet hat. als Manuscript für Freunde hat er Wert und so wünsch ich daß er leben möge, als edwas an und für sich da taugt er in die unermässlige flut des nicht besten, und gewicht los durch seine form, vermögen ihn nicht empor zu halten eine guten15 Blätter die er haben mag. ein Sonnet16 schäz ich
12 De La Foye hat die von ihm erarbeitete Übersetzung von Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre weder abgeschlossen noch veröffentlicht.
13 Übersetzung: „zu den Wildartigen, die Kauderwelsch reden/radebrechen und im Norden bzw. in Deutschland wohnen“.
14 Hiermit ist die Übersetzung von Homers Odyssee oder der Ilias von Voss gemeint.
15 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „einige guten“ anstelle von „eine guten“.
16 Das de La Foye gewidmete Gedicht trägt den Titel: „τὸ του πόλοῦ ἄστρον [Polarstern]. An Louis de la Foye“.
unter meinen Beiträgen, das ist das an dich, und auch mein Stabat ist nicht übel. – (daß ich es nicht vergesse den Vers den du mir geschickt ist nicht das was mir gefehlt, schicke mir die letzte Stanze ganz.)17
und nun wieder zu wilhelm. dieses muß ich dir sagen: Ducis ist ein sehr schäzbarer Mensch von rechtschaffenem und leutseligem Caractere, er liest den Schäckspear, bewundert ihn, und soll ihn auch verstehen. sein streben ist gewesen ihm Eingang unter seinen landsleuten zu verschaffen und dazu hat er ihn freilig in moderner Franzoscher Tracht vermumen müssen, er hat sich mutig an das frisiren gemacht und die Alexandriner haben geregnet, wie auch den ganzen Tross anderer Erfindungen, womit er den Helden gemartert hat, gut soll er es indessen gemeinet haben, und soll vielle voruhrtheile nicht teilen denen er vielleicht doch gehuldigt hat, wärest du so weit daß du die aufführung des Hamlet hinter dich hättest, so könntest du dich mit deinem Manuscript an ihn wenden, ihn einen langen schönen Brifen schreiben über der Deutschen Litteratur die der bessern englischen verwandt sei ihm von seinen Bemühungen und den deinen sprechen, und ihn, den in besitz eines Nahmen stehenden Gelehrten, bitten, daß er diesen behülflig sei und so weiter. er könnte dir seinem Verleger empfelen, und auf jedem fall würdest du ihm geschmeichelt haben – er wohnt in seinem wohlgegründeten Hause in Versaille – gewöhnlige englischer Romanen übersezungen fabrick geben nicht mehr als höchstens 2, oder 3. Thaler den Bogen. besser konntest du durch ein Ducis in die Welt treten, und gut were es auch lerm in Zeit schriften geblasen zu haben. – noch eins kann ich dir sagen, auf daß du dir einer Stärke bewußt seist vom gewohnligen Beletristen Tross in Paris kann jetzt keiner Grichisch. Das kannst du als ein Deutscher füglig ignorieren. –
Wer nie sei brot mit thränen aß. et cetera18.
17 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt der eingeklammerte Satz.
18 Chamisso zitiert hier ein Gedicht Goethes aus Wilhelm Meisters Lehrjahre.
habe ich versucht es ist so weit ganz gut daß es noch gar nicht franzosch geworden ist, hat aber leider aufgehort deutsch zu sein.
Ich hab mit Fichten über Wilhelm gesprochen, seine Meinung ist es sei es sei19 eine keine Frucht versprechende Bemühung sei20, daß dieses zuvorder[st] für die Franzosen zu thun sei, und ehe es geschehen, alles andre sei nur eitel, nehmlich sie — — Griechisch zu lehren.
Eine Schmerzen volle Erfahrung die ich gemacht habe, muß ich dir mittheilen. — hast du mir von Krutener jemals21 sprechen hören. Der Junge Mann schien ein schönes Gemüth zu haben, Ahndung des Höheren, und Verachtung gegen den Hof Pöbel der ihn umsauste – seine Taubheit die ihn nicht in der Geselschaft sein Plaz wies, [schien] ihm noch zur Wehre gegeben zu sein, er hatte sich an mich gehängt, sich in meine Arme geworfen da sein Vater ihm gestorben war, schwüre mir der Freundschaft gethan, die aus dem reinen Herzen stiegen, so war er mir noch vor einem Jahre ein Freund, er geht und schwört mir, an mich zu schreiben, er schreibet nicht an mich, das lass ich noch gut sein, endlich ich erfahre22 daß er hieher erwartet wird, und zurück kehret, dess freu ich mich, – freue mich – und erfahre nun daß er bereits seit einigen wochen hier ist und erfahre das durch die Leute, ich gehe alsobald zu ihm, finde ihn nicht, schreibe an ihn – und – – erhalte keine Andwort. – fahre du hin,! ich habe einen, meinen Lafoye, meinen Louis, und der wird nicht von mir gehen. fahre du hin!!.
Die Haack hat uns nicht anvertraut was sie haben will von Seiner Majestät, wohl aber in einem zweiten Briefen sich bestens bedankt. und sich dir empfohlen.23
Gibbon will nicht daß du ihm edwas schuldig seist, ich werde es ihm noch einmahl anheim stellen sich zu melden mit seiner Schuld, und dann pfeife du ihm in gottes nahmen zum andenken einen preussischen regiments Marsch. —
19 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt die Wiederholung des „es sei“.
20 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits wurde dieses „sei“ ebenfalls nicht transkribiert.
21 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „zumals“.
22 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „endlich erfahre ich“.
23 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt dieser Absatz.
après plusieurs mois de silence je recois dans cette instant cette lettre de Konigsberg. datee de 26. Fevrier.24
Je conviens, mon Cher Adelbert, que si tu etois aussi longtemps que je le fais sans m'écrire, je t'en voudrois beaucoup, je crois que je ne recevrois aucune excuse, cependant tu es si bon que lorsque j'auroi allegué mes raisons je ne doūte pas que tu ne demande pardon à une sœur qui ne cesse de penser à toi, d'avoir pu former sur elle des soubçons aussi injurieux, pour en venir au fait, la cause de cette apparente negligence est l'incertitude où je suis sur mon sorts Je differois toujours esperant avoir quelque chose de positif à tapprende pour cett[es] fois tu ne sauras encore rien je n'ai pas reçu les nouvelles sur lesquelles je comptois.
Jetois invitée aujourd'hui à un grand bal mais tu sens bien qu'áyant consacre cette soirée à mamere et à toi je n'ai pas hesité un moment à refuser. lorsque je compare les amusements factices de la Societé avec le plaisir pur que j'eprouve à te repeter que tu est pour jamais celui en qui j'ai mis toute mon estime toute ma confiance que tu ne saurois trouver dans le monde un étre qui t'aimâts avec plus de cincerité et de tendresse que ceres, alors je prends presque la resolution de navoir plus aucun commerce avec le reste des hommes. —
– – mon ami, mon frere, pourquoi faut il que nous soyons separés, je t'aime tant que près de toi je ne pourrois manquer de contribuer à ton bonheur, je dis contribuer par Modestie car mon ambition ne serois pas satisfaite si je ne pouvois seule te le procurer adieu encore une fois. Cesar se porte bien ecris moi tout de suite – je dois te quitter mais j'ai tant de choses à te dire, ça sera pour la premiere fois – mon dieu si j'etois près de toi, oh je ne saurois être plus à toi qu'à present pour la vie ta Sœur
Donne moi des nouvelles de ta famille lorsque tu en reçois, et Monsieur de Lafoye, noublie pas de m'en parler tu ne saurois croire combien je m'interesse à lui. rappelle moi à son souvenir.25
fest und fester, Adelf, weben die Seltsamen Banden sich in dennen dies Weib mich gefesselt hällt, und ich gehöre ihr ganz, ganz an, je me suis aimer d'elle26, aber nicht aus eiterer27 reiner ätherischer Wahrheit werden diese Bande gewoben und helf' ich täglig sie unzerreissbarer flechten. Das schmerzt mich, aber genuch verhängt ist es itzt, und muß nach seinen gesätzen fort rollen. ein Wort nur von ihr, und wohl hätt ich es jener sagen müssen Nicht mir, nicht dir gehör ich an, Augusta. aber, daß ich, sie anstaunend, blind bin, wie in die Sonne Schauend blind!!
24 Übersetzung: „Nach mehreren Monaten der Stille erhalte ich in diesem Moment diesen Brief aus Königsberg, datiert auf den 26. Februar.“
25 Bei diesem französischen Teil (ab „Je conviens“) handelt es sich um die Abschrift eines Briefes von Cérès Duvernay an Chamisso. Übersetzung:
„Ich gestehe, mein lieber Adelbert, dass, wenn Du mir solange nicht schreiben würdest, wie ich es tue, ich es Dir sehr übel nehmen würde. Ich glaube, dass ich keine Entschuldigung annehmen würde. Dennoch bist Du so gut [lieb?], dass ich meine Gründe angegeben hätte. Ich zweifle nicht, dass Du eine Schwester, die an Dich immer denkt, dafür um Vergebung bittest, sie auf so ehrenlose Weise verdächtigt zu haben. Um zu der Sache zu kommen ist der Grund dieser scheinbaren Nachlässigkeit die Unwissenheit, in der ich bezüglich meines Geschickes bin. Ich verzögerte immer, dabei hoffend, dass ich Dir etwas Sicheres zu melden haben würde. Für dieses Mal sollst Du noch nichts erfahren, ich habe die Nachrichten nicht erhalten, mit denen ich gerechnet hatte.
Ich war heute zu einem großen Ball eingeladen, aber Du spürst schon, dass ich, indem ich diesen Abend meiner Mutter und Dir gewidmet habe [i.e. mit Schreiben von Briefen an diese], keine Sekunde gezögert habe, abzusagen. Wenn ich die künstlichen Vergnügen der Gesellschaft mit der Freude vergleiche, die ich empfinde, wenn ich Dir wiederhole, dass Du auf ewig derjenige bist, in den ich all meine Achtung, mein Vertrauen gesetzt habe, dass Du in der Welt kein Wesen finden könntest, das Dich mit mehr Ehrlichkeit und Zärtlichkeit liebte als Deine Ceres, dann fasse ich beinahe den Entschluss, gar keinen Verkehr mit dem Rest der Menschheit [oder: mit allen anderen Männern] je zu haben.
Mein Freund, mein Bruder, warum müssen wir getrennt sein, ich liebe Dich so, dass ich in Deiner Nähe unfehlbar zu Deinem Glück beitragen würde. Beitragen sage ich aus Bescheidenheit, denn mein Streben und Ehrgeiz wären nur befriedigt, wenn ich allein imstande wäre, Dein Glück zu sein. Cesar geht es gut. Schreibe mir zum ersten Mal - mein Gott wäre ich in Deiner Nähe, oh, dann wüsste ich nur noch Dein sein, ab jetzt fürs Leben, Deine Schwester.
Gib mir Nachrichten von Deiner Familie, so Du solche bekommst, und Monsieur de Lafoye, von dem darfst Du nicht vergessen zu berichten. Du würdest nicht glauben, wie sehr ich mich für ihn interessiere. Empfehle mich seiner Erinnerung.“
26 Übersetzung: „Ich habe mich bei ihr beliebt gemacht.“
27 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „heiterer“.
wärst du hier, du müsstest mir deine Augen geben, müsstest mir villeicht nach Konigsberg zu ihr28. — ist sie denn auch ganz Wahr haltt sie wenigstens nicht zurück, die ewig es umgeht mir edwas anders zu sagen, als: je t'aime, je t'aime pourtoi29, und, auf, filleicht, daß diese Rechte mir heiliger seien, je ne pretends aucun [droite] sur toi, je ne veux que cela seul que tu sois heureux30. Spielt auch sie nicht Schach edwa. — Boraston mögte einst eines Saint Preux31 wohl bedürftig sein. – das mir Erscheinen dieses weibes, (und ich habe ihr selber auch dies Gefühl zu entfalten gesucht) errinnert mich immer an diese Worte.
βῇ δε κατ’ Ολύμποιο καρήνων ἀϊξασα.
Οἷον δ’ ἀστέρα ἡκε Κρονου παῖς ἀγκυλομήτεω,
ἢ ναυτῃσι τέρας, ἠὲ στρατῷ εὐρέϊ λαῶν,
λαμπρόν τοῡ δε τε πολλοὶ ἀπὸ σπινθῆρες ἵενται
τῶ εἰκυῖ’ ἤϊξεω ἐπὶ χθόνα Παλλας Ἀθήνη,
καδ’ δ’ εθορ ἐς μέσσον∙ θαμβος δ’ἔχεν εἰσορόωντας
Τρωάς θ’ ἱππωδάμους καὶ ἐΰκνημιδας Ἀχαιους.
ὧδε δε τις εἴπεσκεν ἰδων ες πλησίον ἄλλον.
Ἧ ῾ρ’ αῦτις πόλεμός τε κακὸς και φύλοπις αινη
ἔσσεται, ἢ φιλοτητα μετ αμφοτέροισι τίθησι
Ζεύς, ὅς τ’ ανθρώπων ταμίης πολέμοιο τέτυκται.32
aber du sollst auch wissen wie ich an Sie schreibe — — mais tu me promets dans peu une lettre plus volumineuse, je veux croire en tes parolles et esperer en tes lettres — Ceres, ma Soeur, ma bien aimée, n'aflige plus ton Adelbert – et pourquoi nous aimerions nous, pourquoi t'aurais je été donné, si ce n'est afin que je portasse tes peines dans mon Cœur et que tu l'appuiasses assez sur moi, pourquoi t'aurois-je moi meme si ce nest afin de retrouver ma vie toute entiere et plus riche et plus belle en celle à laquelle je la donne, mon amie, je tappartiens, je suis à toi, mais je ne puis lire dans le Manuscript du temps qu'à mesure quil se deroule et l'avenir m'est caché j'ai cependant de la confience dans lauteur qui à tracé les caracteres et qui en a Connu le sens. adieu je taime et tu mecrieras33
übriegens sag ich ihr auch das daß ein Mädgen mir von meinen Aeltern34 bestimmt wird35. — ich erwarte mit Sehnsucht und bangem Gefühle. hält sie vielleicht aber auch zu mir diese Aetherische Liebe, die sie allein von ihrer Ichheit mir36 preis giebt.
28 Cérès Duvernay trat Ende 1804 eine Stelle als Hauslehrerin in Königsberg an (Feudel, S. 38).
29 Übersetzung: „Ich liebe dich, ich liebe dich um deinetwillen.“
30 Übersetzung: „Ich erhebe keinen Anspruch auf dich, ich möchte nur dieses eine - dass du glücklich seist.“
31 Boraston und Saint Preux sind Figuren aus Rousseaus Julie ou la Nouvelle Heloise.
32 Chamisso zitiert hier aus Homers Ilias, 4. Buch, V. 74–84 (Übersetzung von Voss im Projekt Gutenberg [Zugriff 27.01.2014]). Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt der Absatz von „Boraston mögte einst“ bis zum Ende des griechischen Zitats.
33 Bei diesem französischen Teil handelt es sich um die Abschrift von Chamissos Antwortbrief an Cérès Duvernay. Übersetzung: „Aber Du versprichst bald einen umfangreicheren Brief, ich will an das, was Du sagst, glauben und auf Deine Briefe hoffen - Ceres, meine Schwester, meine Geliebte, betrübe doch nicht weiter Deinen Adelbert - und warum würden wir uns lieben, warum wäre ich Dir gegeben worden, wenn ich damit nicht Deine Leiden in meinem Herzen tragen kann, damit Du Dich genug auf mich stützst. Warum hätte ich selbst Dich, wenn ich damit nicht mein ganzes Leben, reicher und schöner, derjenigen geben kann, der ich es gebe. Meine Freundin, ich gehöre Dir, ich bin Dein, aber ich kann in der Handschrift der Zeit nur soweit lesen, wie sie sich entrollt, und die Zukunft bleibt mir geheim. Dennoch habe ich Vertrauen in den Autor dieser Zeichen, der deren Sinn nicht verkannt hat. Adieu, ich liebe Dich und Du schreibst mir.“
34 Das sind Louis Marie de Chamisso de Boncourt und Marie Anne Chamisso. Diese planen später, Chamisso mit einer nicht eindeutig identifizierbaren Frau zu verheiraten.
35 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „ist“ statt „wird“.
36 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „nur“ statt „mir“.
Wir, junge Leute, mein lieber Adelf, dichten öfters mit dem gewöhnligen Lieben statt in ihr nur zu dichten, errinnre dich des Wortes des Meisters, (Koreffs) Wahrheit, Wahrheit mit uns selber. dies Dichten scheint mir der fall zu sein bei dir, mit meiner augusta, du hast es höher genommen wie die Sache jemals steigen zu wollen das Ansehen hatte. — Dem sei es aber wie es wolle, itzt sehen wir uns nur selten in dem freudenlosen bürgerlichen Verhältnisse eines ennuianten Umganges, sollte wohl der Blumengarten einst wieder Blühen, und ich sie in jener Allee wiederfinden, so viel scheinet mir wohl wahr, sie ist eine Blume eines milderen Himelstriches die da in ödem Sande, den nur des Winters Winde durchstreichen und heimsuchen seine Schneen, nicht aufblühet und verdorrt. wohl ist sie die Verfasserin der Stanze, der Variazionen, und jener Gedichten im Grünen37, die dem Fichte diesen Uhrtheil erpressten, die Hätte es auch wohl können bleiben lassen, schwach sind die Dinge, wer gestehet es nicht, manches aber, scheint mir nicht machwerk zu sein.
Adelf, Liebe, gute Seele, wie senken sich deine Worte in mein Herz! sprich mir von deiner Friedericke, was hat sie dir, was du ihr geschrieben38. auch jenes Bild einer raschen Erscheinung lebet also in dein Herz, das ist gut Adelf und ich lobe es. — mir will es manchmahl also erscheinen als wäre alles gut, und wohlthätig für uns gesponnen, in jener Kette von Mängeln und positiven Unglücken, wie sie mit dem ersten Blick zu erschauen ist, welche unsre Leben erfaßt hat, nur sie hatt uns zusamen Bringen können und zu den Freunden, uns die Zeit der ersten Grünen39 erblühen lassen, und biß auf Schulden deren wir uns bewußt sind, können ausser40 ihrer Kostbaren [Erfahr]ung, auch nach41 künftig hin, deucht es mir, schöneres uns erblühen lassen. Drum an uns selber nur42 und an einander, fest und nicht verzagend gehangen, nur die Zukunft hat den Schlüssel zu dem Rätzel der Gegenwart.
Deine Ideen zu Briefen, und was du bei Gelegenheit der Lettres de deux amans qui ne se sont jamais vus sagst hat mich ganz hingerissen, lies doch ja dies Buch, vermutlig ein sehr schlechtes, und schreibe du nach deinem Sinne solche Briefen, wohl Briefen43 der ewigen Liebe, an das Ideal.
37 Im Musenalmanach auf das Jahr 1805 sind von Auguste Klaproth fünf Gedichte erschienen: Frühling, Göthe, Mignon, Variazion und Sonett.
38 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt dieser Satz.
39 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „des ersten Grünen“.
40 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „aus“.
41 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „noch“ statt „nach“.
42 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits wurde das Wort „nur“ ausgelassen.
43 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt „wohl Briefen“.
fiele Deutschen Dichter haben aber schon, zwar nur imer einzelne [kindische]44 Gedichte, an die Künftige geliebte gedichtet, so sind einige Stücke im ersten und zweiten Grünen, die du erkennen wirst. — laß mir aber noch mehr darüber hören, und erfreue mich villeicht mit proben, ich wollte sie hier wohl unterbringen.
Göttlich irronisch ist dein Einfall daß du Mondsüchtig bist, und auf meiner Ehre ich mögte es wohl mit dir sein, ein Mondsvirtel der edelsten Freiheit zu gewinnen ist ja edwas herrliches, – ist edwas grosses, höres, wie?, was?, wovon wollten wir da vor den die Mäuler weit aufspärenden heilig aussprechen? und hönen der [eken] frazen mit Macht –
Ὡς ἔφαθ’. οἱ δ’ ἀρα παντες ακην ἐγένοντο σιωπῃ,
Μύθου ἀγασσαμενοι μαλα γὰρ κρατερῶς ἀγορευσε45
Auch die Beibehaltung der Pfeife lob' ich, sie ist dir jetzt die Frucht des Vaterlandes, wie schmauchen und dampfen wollen wir einstens vereint und deutsch zusammen sprechen. ein mal in dem Lande der Geburt franckreich müssen wir doch nach dem aufgang die augen Werfen, dem Lande der Erlosung unserm Deutschlande, und wieder uns sehnen, wie nach dem Ewigkeits blicke des Nordes Sternes selber schauend, den deutschen sind wir doch, — also, lieber Louis, ist die irdische Wohnung die Wohnung der Sehnsucht.
Diene du dem Koreff wenn er es verlangt oder brauchen kann mit Exemplare von 1804. oder auch mit einem von 1805. ich mögte daß er den grünen samen unter den Parisischen gelehrten streue und er hat es zu thun angefangen. ich ersetze dir den Verlust bei der nachsten Bücher Sendung mit der ich mich diese Tage beschäftigen will. ich werde neu kaufen mit einem Rabat von 12 pro 100. und alt was ich kriegen kann.
Deinen Abschied habe ich diese Tage erhalten, nach langen langsamen Bemügungen, die Hunden haben es übel genomen und sie haben darüber schwer geseufzet daß du das Blat geschnitten hattest, und so weiter. ich schicke ihn dir nicht in diesem Briefen und erwarte entweder Befehle, oder eine gelegenheit, zumal da ich glaube daß gesetzt auch [daß] du le Mal Prussien46 hättest, du doch andres Papier finden würdest, und dich darum noch nicht gezwungen fändest dich unter den Gens civiles zu begeben.47
44 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits wird „kindische“ ausgelassen.
45 Chamisso zitiert hier aus Homers Ilias. Diese Verse wiederholen sich dreimal: 8. Buch, V. 28-29 (Übersetzung von Voss im Projekt Gutenberg [Zugriff 27.01.2014]); 9. Buch, V. 430-431 und V. 693-694. Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt der gesamte Text von „wie?, was?“ bis einschließlich des griechischen Zitats.
46 Hinter dem Namen „le mal Prussien“ verbirgt sich eine Durchfallkrankheit, die auf der Grundlage einer bakteriellen Infektion mit Viren oder Parasiten ausbricht.
47 Mit den Gens civiles sind die Bürger gemeint. Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt der Abschnitt von „und dich darum“ bis „zu begeben“.
ich schicke48 dir nachstens einige gedichteten kleinigkeiten und darunter das von Wilhelm mit Comentar. heut ist schon fürcht ich sehr49 das maß übergelaufen.. ferner wird auch bald der Tag erscheinen und ich hätte doch biß wieder zu der Nacht schreiben mögen, also treibe es auch du. sag mir wenn du mein geschmire gut lesen kann, und mit meiner [Kl]aue vertraut genuch bist um nichts zu verlieren. wie das gedrukte [l]es ich was du schreibt, auch ist freilich dein reiner Natürlicher heerliger still dem leser viel günstiger als mein zusammen gehackter sein mag.
mein 2ter Bruder50 mögte (leise unter uns) bald heiraten, dann mogte ich villeicht anno 651 gleich da bleiben, gott über alles! –52 wie geht es mit deiner anstellung. ich sähe dich doch nicht gern in den fesseln einer ähnligen Stelle, und solch ein Diener eines solchen Amtes53, – ich habe Ideen zu einigen Rabelaischen Capitteln54. nimmt das papier sie auf so gehts grad nach Caen. — was schütz dich de[...] gegen einer Flinte? —55
48 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „schreibe“ statt „schicke“.
49 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt „sehr“.
50 Hier ist entweder Hippolyte de Chamisso oder Charles de Chamisso gemeint.
51 Gemeint ist: 1806.
52 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt dieser Satz.
53 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits steht „Staates“.
54 Chamisso hat das Berliner Französische Gymnasium zwischen 1797 und 1798 besucht, wo er unter anderem Philosophie und Physik bei Paul Erman belegte, der ihm Rabelais näher brachte.
55 Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt dieser Satz.
Die Kohen schatzt dich unendlich ihr geht es schlimm und schlimmer auch die Sander. sie bedauert sehr meinen Adelf nicht kennen gelernet zu haben. Gruß und Errinnerung von Beiden, ich sreibe wenig mit Varnhagen und immer mit von dir Utmann umarmt dich mit liebe, ihm geht es noch nicht ganz wohl, er scheint Bräutigam zu sein, einer Schwester von Eduard, — Heimann — wenn ich reich wäre ich wol[lte] ihn stehlen, in die Tasche in stecken und somit nach Italien alda würde ich ihn heraus schütteln und ihm sagen – Lauf!– er liebt dich sehr.
geh ich nach Frankreich mit der Ausigt dort zu Bleiben so muß ich doch auf dem Weg hin, Dresden und edwas von Sachsen gesehen haben. – dann müssen wir in der Zukunft einige Uhrlaube nach Deutschland nehmen.
lebe du wohl.56 Chamisso zitiert hier aus Anakreons Ode 9, V. 36-37. Übersetzung: „Hast du mich doch so schwatzhaft / Gemacht, als eine Krähe.“ (nach Ramler, S. 29).
57 Übersetzung: „Sei mir gegrüßt, (mein) Bruder.“
58 Das Kürzel τ.τ.π.α. steht für τò τоυ πόλου αστρον: der „Polarstern“. Im Druck der Correspondance d'Adalbert de Chamisso. Fragments inédits fehlt mit Ausnahme des Datums die gesamte Abschiedsformel.