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Humboldt-Universität zu Berlin / Universitätsarchiv
Weiterverwendung nur mit Genehmigung des Universitätsarchivs
Einem hohen Ministerium der geistlichen, Unter=
richts= und Medicinalangelegenheiten, Unterrichts-
abtheilung, beehrt sich der Unterzeichnete den
Jahresbericht über den Zustand des philologischen
Seminars der hiesigen Universität im ver=
flossenen akademischen Jahre pflichtschuldigst
zu erstatten.
Von denjenigen Mitgliedern der Anstalt, welche
im vorigen Jahresberichte als solche aufge=
führt worden sind, welche noch in dem zweiten
halben Jahre Antheil an den Übungen nahmen,
gingen nach dem Abgange der bereits eben da=
selbst genan̄ten Studirenden und der zum Studium
der Theologie übergetretenen Ernst Glasewald, [am Rande: sowie des Alexander Schmidt
und Ernst Förster, welche eben=
falls andere Studien erwählten,]
folgende in den nächsten Cursus über:
Als ordentliche Mitglieder,
1) Wilhelm Heindorf von Berlin,
2) [...]Sigismund Panofka von Breslau,
3) Friedr. Kritz aus dem Erfurtischen,
4) Carl Haupt von Luckau,
5) Heinr. Lindner von Dessau,
6) Jul. Wernike von Breslau,
7) Friedr. Walter von Berlin;
als außerordentliche Mitglieder,
1) Carl Schultz aus Mittenwalde,
2) Lucian Plehn aus Preußen.
Neu hinzu kamen als ordentliche Mitglieder:
8) August Balsam1 von Breslau,
9) Bernhard Sökeland aus Münster,2 welcher
zwar Anfangs nur als außerordentliches
Mitglied eintrat, nachher aber als ordentliches
aufgenom̄en und durch eine Prämie auf=
gemuntert wurde;
als außerordentliche aber:
3) Adolph Almus von Stettin,
4) Joseph Gaßmann von Heiligenstadt,
5) Wilhelm Langbein aus Mecklenburg,
6) August Milo aus der Mittelmark,3
7) Adolph Göschen von Berlin,
8) Eduard Bonnell von Berlin,
9) Friedr. Paul von Schwedt.
Ostern d. J. verließen von den ordentlichen Mitgliedern
nur zwei, Kritz und Lindner das Seminar und
die Universität, und es wurden drei der außer=
ordentlichen, Langbein, Göschen und Bonnell
unter die ordentlichen aufgenom̄en. Außer den
drei ebengenann̄ten schieden aus der Zahl der
außerordentlichen Mitglieder aus Schultz von Mitten=
walde, Almus, Milo, Paul, Plehn, Gassmann,
also die gesam̄te Zahl derer, welche bisher außer=
ordentlich an dem Seminar Theil genom̄en hatten u
nicht als ordentliche Mitglieder in der Anstalt ge=
blieben sind. Statt dieser nahmen folgende zehn in dem Som̄erhalbejahre außerordentlicher Weise
an dem Seminar Antheil:
1) Joseph Schreiner4 aus Franken,
2) C. Wagner aus Pom̄ern,
3) Fr. Aug. Schulze aus Westpreussen,5
4) Fr. Knorre von Narwa,
5) Christian Wilbrandt aus Mecklenburg,6
6) Franz Winiewski von Thorn,
7) G. G. Friedenberg von Aschaffenburg,
8) J. S. Jacobi von Potsdam,
9) Carl Ritthausen aus der Neumark,
10) Carl Wendt von Potsdam.7
Aus diesen Angaben geht hervor, daß im ersten
halben Jahre 9 ordentliche und 9 außerordentliche,
im zweiten 10 ordentliche und ebenfalls 10 außer=
ordentliche Mitglieder das Seminar bildeten, nicht
gerechnet mehrere andere, welche die Erlaubniß
den Übungen beizuwohnen, erhielten und benutzten,
ohne sich als Mitglieder einschreiben zu lassen:
von welchen zu reden überflüssig scheint. Was
die in beiden halben Jahren ausgetretenen betrifft,
so haben sie theils die Universität verlassen,
und unter diesen sind Kritz, Almus und Paul
in das Seminar für gelehrte Schulen einge=
treten, theils sind sie durch andere Studien und
Beschäftigungen, etliche nahmentlich durch den Mi=
litärdienst, an der fernern Benutzung der Anstalt
verhindert worden.
Die Übungen des Seminars bestanden wie gewöhnlich
in der Anfertigung und Beurtheilung der Abhandlungen,
Stellung und mündlichen Beantwortung philologischer
Aufgaben kleinerer Art, und Auslegung der Schrift=
steller. Die Mitglieder haben es im Ganzen genom̄en
an Fleiß nicht fehlen lassen; auch ist darauf geachtet
worden, daß die für eine jede dieser Übungen besonders
verabredeten Reihefolge eingehalten wurde. Über das
Innere bei Anstellung dieser Übungen läßt sich nicht
füglich ohne große Weitläuftigkeit berichten; ich be=
schränke mich daher darauf, anzugeben, welche Ab
handlungen geliefert, welche Aufgaben gestellt und
welche Schriftsteller erklärt wurden.
1. Was die Abhandlungen betrifft, so habe ich iederzeit
und auch diesesmahl den Grundsatz befolgt, keinem der Mit=
glieder ein Thema vorzuschreiben, sondern mit Rücksicht
der besondern Richtung und eigenthümlichen Studien ei=
nes jeden die Wahl des Gegenstandes nur zu leiten
oder zu billigen, und für die Abfassung Rath im All=
gemeinen zu geben. Da die Befolgung des letztern
4 Die korrekten Vornamen von Schreiner lauten Johann Baptist. Er stammt aus Bad Mergentheim in Franken.
5 Schulze stammt aus Marienburg.
6 Wilbrandt stammt aus Neuenkirchen.
7 Wendt stammt aus Königsberg.
aber von dem Maße der Ken̄tnisse und der Urtheils=
kraft eines jeden Einzelnen abhängt, dieses Maß
jedoch bisweilen noch verhältnismäßig gering ist,
so kam wol auch der Fall vor, daß Abhandlungen,
ehe sie zur Lesung und Beurtheilung in Umlauf
gesetzt wurden, zu nochmahliger Überarbeitung zu=
rückgegeben werden mußten. Die ordentlichen Mitglieder
haben folgende Abhandlungen geliefert, welche ich, mit
Übergehung anderer von außerordentlichen gelieferten
kurz aufzählen will.
1) Kritz Animadversionem in Sallustii Catili=
nam particula altera. Eine zwar etwas dürf=
tige, aber gut und mit Urtheil geschriebene Ab=
handlung.
2) Lindner Annotationes in Aeschÿli Supplicium
chori canticum primum. Ich habe dem Verfasser
im̄er von so schwierigen Gegenständen, von welchen er
nicht ablassen wollte, abgerathen: den̄och hat er sich
aber hier an einem Stoff versucht, welchem er
nicht gewachsen war. Die Abhandlung enthält wenig
Plan, zeugt jedoch von einigem, wen̄ gleich noch nicht durchgedrungenem Studium.
3) Heindorf Archÿtae Vita. Fleissig gearbeitet,
aber nicht ganz planmäßig angelegt.
4) derselbe, Specimen fragmentorum Cratini.
Zweckmäßig und ziemlich gut, auch mit Fleiß
durchgeführt, doch in der Darstellung noch etwas
unbeholfen.
5) Panofka, Samica, Diss. I.
6) Derselbe, Samica, Diss. II.
Der Verfasser beschäftigt sich mit einer Monographie
über Samos, woraus diese Abhandlungen Bruch=
stücke sind. Der Stoff ist fleissig gesam̄elt, das
Urtheil verschiedenartig, die Darstellung noch un=
beholfen. Im Ganzen sind aber diese Schriftchen
lobenswerth.
7) Haupt, Diplomaticae inquisitionis in
Herodoti libros institutae Specimen I.
Der Gegenstand, welcher allerdings eine Betrachtung
verdient, ist nicht von der richtigen Seite aufgefaßt,
u die Abhandlung giebt daher, ungeachtet der Müh=
samkeit der Vergleichung der Lesearten, kein
bedeutendes Ergebnis.
8) derselbe, De difficillimis Trachinarium
locis. Fleissig, und nicht ganz unbefriedigend.
9) Wernike, Observationes in primam ele=
giam Tibulli.
10) derselbe, De epigrammatibus, quae vulgo
Platoni philosopho tribuuntur.
Diese beiden Schriftchen sind mit mühsamem Fleiße
gearbeitet; aber es ist darin eine große Unreife des
Urtheils und ein widerwärtiger Mangel an Fertig=
keit in den Regeln der Lateinischen Gram̄atik. Da=
gegen sind wieder sehr gute Sachen darin; aber ich
sehe den gegründeten Verdacht, daß der Verfasser
hinterlassene Papiere seines verstorbenen Bruders
benutzte:8 was ich ihm auch schon einmahl verwie=
sen habe. Doch halte ich ihn der Nachsicht in dieser
Beziehung würdig.
8 Julius Wernikes Bruder Friedrich August Wernicke war ebenfalls Mitglied in Boeckhs philologischen Seminar gewesen.
11) Walter, Observationum in Taciti Annalium
lib. III. Specimen.
12) derselbe, Antonii oratio in Cassii Dionis Lib.
XLIV. notis illustrata.
Beide nicht ganz schlecht, aber unbedeutend.
13) [...]Balsam: Animadversionum in fune=
brem orationem Thucÿdidis fasciculus.
14) derselbe, Animadversionum in Platonis Theae=
tetum fasciculus.
Diese Abhandlungen sind ungefähr von derselben Be=
schaffenheit wie die vorigen.
15) Sökeland, Observationes ad Taciti Germa=
niam.
16) derselbe, De similitudine Tacitum inter et
Thucÿdidem &c.
Diese beiden sehr fleissig und mit richtigem Urtheil
verfassten Schriftchen empfehlen den Verfasser sehr.
17) Langbein, In Taciti vitam Agricolae.
Großentheils noch schwach und ungelenk.
18) Göschen, Annotationes ad orationem in
Thucÿdidis libro primo primam.
19) Bonnell, De oratione Ciceronis pro lege Ma=
nilia dissertatio.
Beide letztern Abhandlungen enthalten manches
Gute.
2. Mündlich wurden folgende Aufgaben behandelt, welche
die Mitglieder selbst zu stellen pflegen:
1) Disputetur de loco Taciti Germ. cap. 2. Ita nati=
onis nomen — Germani vocarentur.
2) Explicetur Plat. Phaedr. c.62. [...] &c.
3) Proponitur locus Horatii Serm. II,4,64. 65.
Simplex e dulci constat olivo &c.
4) Exponatur locus Taciti Germ. 2. Ut omnes
primum a victore &c.
5) Explicetur vel emendetur Propertius I,17,3.
Nec mihi Cassiope solito visura carinam
est.
6) Dicatur de verbis Livii II,10. Si transitum
pontem a tergo reliquissent.
7) Interrogo, apud Eurip. Hecub. 112. legendum
sit [...].
8) Proponitur locus Platonis Charmid. p.59. ed.
Heindorf.9 [...].
9) Dicatur de Taciti verbis Germ. cap. 44.
Est apud illos et opibus honos; eoque unus
imperitat, nullis iam exceptionibus, non
precario iure parendi.
10) Quaero, an post vs. 49. Aeschÿl. Eumenid.
versiculus exciderit.
11) Disputetur de variis lectionibus Tibulli
I,1,43 sq. Parva seges satis est &c.
12) Apud Ciceronem de or. II,9. num legen=
dum est vita memoriae an via memoriae?
13) Apud Sophocl. Philoct. 1033. [...]
[...] &c. quaeritur an opis sit,
ut reiiciatur lectio vulgata.
14) Apud Tacitum Agric. 44. pro quodam augurio
codd. praebent quod aug. Quaero, utra lectio sit
praeferenda, et quomodo totum locum expli=
ces.
15) Annon versus Sophocl. Antig. 572. vulgo Is=
menae tributus, Antigonae restituendus est?
16) Apud Sophocl. Antig. 557. quaero annon
lectio restituenda sit, quae in membranis atque
Ald. extat: [...] &c.
ita ut interpretemur: "Secundum haec verba
tu sapere videbaris, secundum alia ego."
17) Herodot. VI,72. utrum legendum est [...]?
18) Sophocl. Philoct. 552. quaeritum quae sit
lectio constituenda, et quae interpretandi via
com̄endanda, sum̄a difficultate posita in voc.
[...].
19) Loco haud dubie corrupto Aeschÿl. Pers.
672-675. [...] &c.
quomodo subreniendum sit, propono in[...]
quandum.
20) Dicatur de loco Ciceronis Fin. II,12. Nam
quod ait sensibus ipsis iudicari — illud est
iudicatum.
21) Proponitur Tacit. Agric. c.6. Ludos et
inania honoris — ita famae propior.
22) Dicatur de loco Ciceronis Off. I,28. Ut,
si Aeacus aut Minos diceret — accepimus.
23) Propono Plat. Gorg. §.104. [...].
24) Explicetur Thucÿd. III,49. [...]
[...], ubi verba [...]
sum̄am praebent difficultatem.
25) Propono locum Sophocl. Aiac. 596 sqq. [...]
&c. in quo vox [...] quam maxime
offendit.
26) Eurip. Med. 178.179. metri ratio non constat.
Cui quomodo subreniendum sit, inquirendum.
27) Medela afferatur loco Eurip. Med. 495.
[...].
28) Dicatur de Eurip. Phoen. vs. 384. [...]
&c.
29) Explicetur Plat. Phaedr. §.86. [...]
30) Proponitur locus Livii I,18. Ex quibus
— pervenisset.
31) Dicatur de Tacit. Agric. c.6. Idque ma=
trimonium — plus culpae est.
32) Ap. Aeschÿl. Agam. vs. 32. 33. [...]
[...] &c. quaeritur utrum cum
Schützio coniungendum sit [...]
an cum Blomfieldo [...], ut
metaphora a talis desumpta sit.
33) Disputetur de lectione et sententia loci
Ciceroniani Fin. II,24. Aut Pÿlades quum sis
— non precarere, collato lib. V, cap. 22. med.
3. Die Interpretationsübungen wurden wie gewöhnlich
regelmäßig angestellt; und zwar ließ Hr Prof. Buttman̄
im ersten halben Jahre das dritte Buch der Horazischen
Oden und im zweiten etliche Satiren des Juvenal
erklären; der Director ließ in beiden Semestern
den Thucÿdides auslegen,10 wobei die Mitglieder großen
Eifer zeigten. Auch waren mehrere andere außer den=
selben Zuhörer bei diesen Übungen.
Für das Winterhalbejahr ertheilte ein hohes Ministerium
auf den Antrag des Directors durch das Rescript vom 7.
April folgende Prämien:
den Studiosus Kritz 30 rl
den Studiosen Heindorf
Panofka
Haupt, } jedem 25 rl
den Studiosen Lindner
Walter
Wernike
Balsam
Sökeland } jedem 20 rl
für das Som̄erhalbejahr aber durch das hochgefällige Re=
script vom 11. August folgende:
den Studiosen Heindorf
Panofka
Haupt
Sökeland } jedem 25 rl
den Studiosen Walter
Wernike
Balsam
Langbein
Göschen
Bonnell } jedem 20 rl
Gesam̄tsum̄e 425 rl. Da nun die etatsmäßige Sum̄e
der Prämien nur 400 rl beträgt, so wurden noch 25 rl
aus den früheren Ersparnissen zugenom̄en, welche nun
aber bis auf 5 rl aufgebraucht sind. Der Director ist
überzeugt, daß, wen̄ auch einzelne Mitglieder noch ziemlich
schwach sind, den̄och die Prämien zur Aufmunterung und
bei den Bedürftigern zur Unterstützung wohl angewandt
werden. Das Maß der Prämien ist auch durchaus im̄er
nach genauer Berücksichtigung der Umstände und Würdigkeit
der Mitglieder bestim̄t, und dabei die möglichste Sparsamkeit
zur Richtschnur genom̄en worden; daher ist früher häufig
die etatsmäßige Sum̄e nicht vollständig verwandt worden.
Jetzo hat sich dagegen das Verhältniß umgekehrt, und
es wäre daher, nachdem die Rückstände fast verbraucht sind,
sehr wünschenswerth, wen̄ die für das Seminar ausgesetzte
Sum̄e etwas vermehrt werden könnte, nicht sowohl in der
10 Es handelt sich wahrscheinlich um Thukydides' Der Peloponnesische Krieg.
Absicht, alles, was ein hohes Ministerium etwa noch
zulegen dürfte, jedesmahl zu verwenden, sondern um
für vorkom̄ende Fälle nicht zu beschränkt zu sein,
und aus den etwanigen Überschüssen die §. 12. des
Reglements erwähnte Unterstützung bei vorkom̄enden
Promotionen leisten zu können; welches letztere
unter den gegenwärtigen Umständen ganz un=
möglich sein würde.
Daß die Anstalt von den Studirenden fleissig benutzt wird,
und der Nutzen desselben sich dadurch vermehrt, geht aus
der Anzahl der Theilnehmenden (I.) hervor; aber den Erfolg
in der Ausbildung der Einzelnen haben die Lehrer nicht völlig
in ihrer Gewalt, da er von vielen Umständen, vorzüglich
aber von dem Maße des Talentes und von der auf die
Universität gebrachten Vorbereitung abhängt. Im Gan=
zen genom̄en sind jedoch die jetzigen Mitglieder von der
Art, daß ich Ursache habe mit der Mehrheit zufrieden zu
sein. In der Charakteristik der Einzelnen beschränke ich
mich auf die ordentlichen Mitglieder, von welchen zwei,
Kritz u Lindner, ietzt nicht mehr an der Anstalt
theilnehmen, drei, Heindorf, Panofka u Haupt
schon länger das Seminar besuchen, die übrigen
aber so zu sagen als Nachwuchs zu betrachten sind,
weshalb man mit dem größern Theile derselben viele
Nachsicht haben muß. Kritz, welcher Ostern abging,
hatte sich besonders mit der Römischen Litteratur be=
schäftigt, und ist ein kenntnißreicher und sehr
brauchbarer junger Man̄ geworden; ietzo ist er, wie
oben bemerkt worden, Mitglied des Seminars
für gelehrte Schulen. Lindner ist vor einem halben
Jahre von hier abgegangen u hat sich zur Fortsetzung
seiner Studien nach Leipzig begeben; es fehlte sei=
nem Studiren an Methode; und er hatte zu viel Flüch=
tigkeit in der Behandlung der Gegenstände, wählte
auch, wie ich oben gesagt habe, gewöhnlich solche,
die für ihn zu schwierig waren. Er befindet sich
gegenwärtig wieder hier u wünscht eine Anstellung
im Preußischen als Schulman̄, oder zunächst als
Mitglied des Seminars für gelehrte Schulen:
wobei iedoch wegen seiner Körpergestalt ein Be=
denken eintreten könnte. Heindorf u Panofka
haben bereits gute Fortschritte gemacht u werden
sich gewiß recht zweckmäßig ausbilden. Haupt
zeichnet sich fortwährend durch große Ordnungsliebe
u durch Geläufigkeit im Disputiren, weniger durch
Urtheilskraft aus. Unter den jüngern Mitgliedern
ist Sökeland ohne Zweifel der vorzüglichste;
mit regem Fleiß verbindet er eine gewisse Reife
des Urtheils, und berechtigt zu vorzüglichen Er=
wartungen. Walter, Balsam, Göschen und
Bonnell verdienen ebenfalls Lob, lassen sich
aber noch nicht vollkom̄en charakterisiren; am we=
nigsten lässt sich ein bestim̄tes Verhältnis ihrer
Talente u Ken̄tnisse in Vergleich des einen gegen
den andern feststellen. Gegen diese aber sind Lang=
bein u Wernike als die schwächsten, noch weit
zurück.
Der Unterzeichnete beschließt diesen Bericht mit der ge=
horsamsten Bitte um nachsichtige Beurtheilung, u mit der
Versicherung, daß er nichts versäumt, was er dazu
beitragen kann, so viel Gutes, als den Umständen nach
jedesmahl möglich ist, durch das philologische Semi=
nar zu wirken.
Einem hohen Ministerium der geistlichen, Unterrichts= und Medicinalangelegenheiten, Unterrichtsabtheilung, beehrt sich der Unterzeichnete den Jahresbericht über den Zustand des philologischen Seminars der hiesigen Universität im verflossenen akademischen Jahre pflichtschuldigst zu erstatten.
Von denjenigen Mitgliedern der Anstalt, welche im vorigen Jahresberichte als solche aufgeführt worden sind, welche noch in dem zweiten halben Jahre Antheil an den Übungen nahmen, gingen nach dem Abgange der bereits eben daselbst genannten Studirenden und der zum Studium der Theologie übergetretenen Ernst Glasewald, sowie des Alexander Schmidt und Ernst Förster, welche ebenfalls andere Studien erwählten, folgende in den nächsten Cursus über:
Als ordentliche Mitglieder,
1) Wilhelm Heindorf von Berlin,
2) Sigismund Panofka von Breslau,
3) Friedrich Kritz aus dem Erfurtischen,
4) Carl Haupt von Luckau,
5) Heinrich Lindner von Dessau,
6) Julius Wernike von Breslau,
7) Friedrich Walter von Berlin;
als außerordentliche Mitglieder,
1) Carl Schultz aus Mittenwalde,
2) Lucian Plehn aus Preußen.
Neu hinzu kamen als ordentliche Mitglieder:
8) August Balsam1 von Breslau,
9) Bernhard Sökeland aus Münster,2 welcher zwar Anfangs nur als außerordentliches Mitglied eintrat, nachher aber als ordentliches aufgenommen und durch eine Prämie aufgemuntert wurde;
als außerordentliche aber:
3) Adolph Almus von Stettin,
4) Joseph Gaßmann von Heiligenstadt,
5) Wilhelm Langbein aus Mecklenburg,
6) August Milo aus der Mittelmark,3
7) Adolph Göschen von Berlin,
8) Eduard Bonnell von Berlin,
9) Friedrich Paul von Schwedt.
Ostern des Jahres verließen von den ordentlichen Mitgliedern nur zwei, Kritz und Lindner das Seminar und die Universität, und es wurden drei der außerordentlichen, Langbein, Göschen und Bonnell unter die ordentlichen aufgenommen. Außer den drei ebengenannnten schieden aus der Zahl der
außerordentlichen Mitglieder aus Schultz von Mittenwalde, Almus, Milo, Paul, Plehn, Gassmann, also die gesammte Zahl derer, welche bisher außerordentlich an dem Seminar Theil genommen hatten und nicht als ordentliche Mitglieder in der Anstalt geblieben sind. Statt dieser nahmen folgende zehn in dem Sommerhalbejahre außerordentlicher Weise an dem Seminar Antheil:
1) Joseph Schreiner4 aus Franken,
2) Carl Wagner aus Pommern,
3) Friedrich August Schulze aus Westpreussen,5
4) Friedrich Knorre von Narwa,
5) Christian Wilbrandt aus Mecklenburg,6
6) Franz Winiewski von Thorn,
7) Gottfried Gabriel Friedenberg von Aschaffenburg,
8) Jacques Simon Jacobi von Potsdam,
9) Carl Ritthausen aus der Neumark,
10) Carl Wendt von Potsdam.7
Aus diesen Angaben geht hervor, daß im ersten halben Jahre 9 ordentliche und 9 außerordentliche, im zweiten 10 ordentliche und ebenfalls 10 außerordentliche Mitglieder das Seminar bildeten, nicht gerechnet mehrere andere, welche die Erlaubniß den Übungen beizuwohnen, erhielten und benutzten, ohne sich als Mitglieder einschreiben zu lassen: von welchen zu reden überflüssig scheint. Was die in beiden halben Jahren ausgetretenen betrifft, so haben sie theils die Universität verlassen, und unter diesen sind Kritz, Almus und Paul in das Seminar für gelehrte Schulen eingetreten, theils sind sie durch andere Studien und Beschäftigungen, etliche nahmentlich durch den Militärdienst, an der fernern Benutzung der Anstalt verhindert worden.
Die Übungen des Seminars bestanden wie gewöhnlich in der Anfertigung und Beurtheilung der Abhandlungen, Stellung und mündlichen Beantwortung philologischer Aufgaben kleinerer Art, und Auslegung der Schriftsteller. Die Mitglieder haben es im Ganzen genommen an Fleiß nicht fehlen lassen; auch ist darauf geachtet worden, daß die für eine jede dieser Übungen besonders verabredeten Reihefolge eingehalten wurde. Über das Innere bei Anstellung dieser Übungen läßt sich nicht füglich ohne große Weitläuftigkeit berichten; ich beschränke mich daher darauf, anzugeben, welche Ab handlungen geliefert, welche Aufgaben gestellt und welche Schriftsteller erklärt wurden.
1. Was die Abhandlungen betrifft, so habe ich iederzeit und auch diesesmahl den Grundsatz befolgt, keinem der Mitglieder ein Thema vorzuschreiben, sondern mit Rücksicht der besondern Richtung und eigenthümlichen Studien eines jeden die Wahl des Gegenstandes nur zu leiten oder zu billigen, und für die Abfassung Rath im Allgemeinen zu geben. Da die Befolgung des letztern
4 Die korrekten Vornamen von Schreiner lauten Johann Baptist. Er stammt aus Bad Mergentheim in Franken.
5 Schulze stammt aus Marienburg.
6 Wilbrandt stammt aus Neuenkirchen.
7 Wendt stammt aus Königsberg.
a aber von dem Maße der Kenntnisse und der Urtheilskraft eines jeden Einzelnen abhängt, dieses Maß jedoch bisweilen noch verhältnismäßig gering ist, so kam wol auch der Fall vor, daß Abhandlungen, ehe sie zur Lesung und Beurtheilung in Umlauf gesetzt wurden, zu nochmahliger Überarbeitung zurückgegeben werden mußten. Die ordentlichen Mitglieder haben folgende Abhandlungen geliefert, welche ich, mit Übergehung anderer von außerordentlichen gelieferten kurz aufzählen will.
1) Kritz Animadversionem in Sallustii Catilinam particula altera. Eine zwar etwas dürftige, aber gut und mit Urtheil geschriebene Abhandlung.
2) Lindner Annotationes in Aeschyli Supplicium chori canticum primum. Ich habe dem Verfasser immer von so schwierigen Gegenständen, von welchen er nicht ablassen wollte, abgerathen: dennoch hat er sich aber hier an einem Stoff versucht, welchem er nicht gewachsen war. Die Abhandlung enthält wenig Plan, zeugt jedoch von einigem, wenn gleich noch nicht durchgedrungenem Studium.
3) Heindorf Archytae Vita. Fleissig gearbeitet, aber nicht ganz planmäßig angelegt.
4) derselbe, Specimen fragmentorum Cratini. Zweckmäßig und ziemlich gut, auch mit Fleiß durchgeführt, doch in der Darstellung noch etwas unbeholfen.
5) Panofka, Samica, Diss. I.
6) Derselbe, Samica, Diss. II. Der Verfasser beschäftigt sich mit einer Monographie über Samos, woraus diese Abhandlungen Bruchstücke sind. Der Stoff ist fleissig gesammelt, das Urtheil verschiedenartig, die Darstellung noch unbeholfen. Im Ganzen sind aber diese Schriftchen lobenswerth.
7) Haupt, Diplomaticae inquisitionis in Herodoti libros institutae Specimen I. Der Gegenstand, welcher allerdings eine Betrachtung verdient, ist nicht von der richtigen Seite aufgefaßt, und die Abhandlung giebt daher, ungeachtet der Mühsamkeit der Vergleichung der Lesearten, kein bedeutendes Ergebnis.
8) derselbe, De difficillimis Trachinarium locis. Fleissig, und nicht ganz unbefriedigend.
9) Wernike, Observationes in primam elegiam Tibulli.
10) derselbe, De epigrammatibus, quae vulgo Platoni philosopho tribuuntur. Diese beiden Schriftchen sind mit mühsamem Fleiße gearbeitet; aber es ist darin eine große Unreife des Urtheils und ein widerwärtiger Mangel an Fertigkeit in den Regeln der Lateinischen Grammatik. Dagegen sind wieder sehr gute Sachen darin; aber ich sehe den gegründeten Verdacht, daß der Verfasser hinterlassene Papiere seines verstorbenen Bruders benutzte:8 was ich ihm auch schon einmahl verwiesen habe. Doch halte ich ihn der Nachsicht in dieser Beziehung würdig.
8 Julius Wernikes Bruder Friedrich August Wernicke war ebenfalls Mitglied in Boeckhs philologischen Seminar gewesen.
11) Walter, Observationum in Taciti Annalium lib. III. Specimen.
12) derselbe, Antonii oratio in Cassii Dionis Lib. XLIV. notis illustrata. Beide nicht ganz schlecht, aber unbedeutend.
13) Balsam: Animadversionum in funebrem orationem Thucydidis fasciculus.
14) derselbe, Animadversionum in Platonis Theaetetum fasciculus. Diese Abhandlungen sind ungefähr von derselben Beschaffenheit wie die vorigen.
15) Sökeland, Observationes ad Taciti Germaniam.
16) derselbe, De similitudine Tacitum inter et Thucydidem &c. Diese beiden sehr fleissig und mit richtigem Urtheil verfassten Schriftchen empfehlen den Verfasser sehr.
17) Langbein, In Taciti vitam Agricolae. Großentheils noch schwach und ungelenk.
18) Göschen, Annotationes ad orationem in Thucydidis libro primo primam.
19) Bonnell, De oratione Ciceronis pro lege Manilia dissertatio. Beide letztern Abhandlungen enthalten manches Gute.
Indem ich mich beehre einem hohen Ministerium diese Abhandlungen in der Beilage zu übersenden, bitte ich zugleich gehorsamst um hochgefällige Zurücksendung.
2. Mündlich wurden folgende Aufgaben behandelt, welche die Mitglieder selbst zu stellen pflegen:
1) Disputetur de loco Taciti Germ. cap. 2. Ita nationis nomen — Germani vocarentur.
2) Explicetur Plat. Phaedr. c.62. [...] &c.
3) Proponitur locus Horatii Serm. II,4,64. 65. Simplex e dulci constat olivo &c.
4) Exponatur locus Taciti Germ. 2. Ut omnes primum a victore &c.
5) Explicetur vel emendetur Propertius I,17,3. Nec mihi Cassiope solito visura carinam est.
6) Dicatur de verbis Livii II,10. Si transitum pontem a tergo reliquissent.
7) Interrogo, apud Eurip. Hecub. 112. legendum sit [...].
8) Proponitur locus Platonis Charmid. p.59. ed. Heindorf.9 [...].
9) Dicatur de Taciti verbis Germ. cap. 44. Est apud illos et opibus honos; eoque unus imperitat, nullis iam exceptionibus, non precario iure parendi.
10) Quaero, an post vs. 49. Aeschyl. Eumenid. versiculus exciderit.
11) Disputetur de variis lectionibus Tibulli I,1,43 sq. Parva seges satis est &c.
a 12) Apud Ciceronem de or. II,9. num legendum est vita memoriae an via memoriae?
13) Apud Sophocl. Philoct. 1033. [...] [...] &c. quaeritur an opis sit, ut reiiciatur lectio vulgata.
14) Apud Tacitum Agric. 44. pro quodam augurio codd. praebent quod aug. Quaero, utra lectio sit praeferenda, et quomodo totum locum explices.
15) Annon versus Sophocl. Antig. 572. vulgo Ismenae tributus, Antigonae restituendus est?
16) Apud Sophocl. Antig. 557. quaero annon lectio restituenda sit, quae in membranis atque Ald. extat: [...] &c. ita ut interpretemur: "Secundum haec verba tu sapere videbaris, secundum alia ego."
17) Herodot. VI,72. utrum legendum est [...]?
18) Sophocl. Philoct. 552. quaeritum quae sit lectio constituenda, et quae interpretandi via commendanda, summa difficultate posita in voc. [...].
19) Loco haud dubie corrupto Aeschyl. Pers. 672-675. [...] &c. quomodo subreniendum sit, propono in[...] quandum.
20) Dicatur de loco Ciceronis Fin. II,12. Nam quod ait sensibus ipsis iudicari — illud est iudicatum.
21) Proponitur Tacit. Agric. c.6. Ludos et inania honoris — ita famae propior.
22) Dicatur de loco Ciceronis Off. I,28. Ut, si Aeacus aut Minos diceret — accepimus.
23) Propono Plat. Gorg. §.104. [...].
24) Explicetur Thucyd. III,49. [...] [...], ubi verba [...] summam praebent difficultatem.
25) Propono locum Sophocl. Aiac. 596 sqq. [...] &c. in quo vox [...] quam maxime offendit.
26) Eurip. Med. 178.179. metri ratio non constat. Cui quomodo subreniendum sit, inquirendum.
27) Medela afferatur loco Eurip. Med. 495. [...].
28) Dicatur de Eurip. Phoen. vs. 384. [...] &c.
29) Explicetur Plat. Phaedr. §.86. [...]
30) Proponitur locus Livii I,18. Ex quibus — pervenisset.
31) Dicatur de Tacit. Agric. c.6. Idque matrimonium — plus culpae est.
32) Ap. Aeschyl. Agam. vs. 32. 33. [...]
[...] &c. quaeritur utrum cum Schützio coniungendum sit [...] an cum Blomfieldo [...], ut metaphora a talis desumpta sit.
33) Disputetur de lectione et sententia loci Ciceroniani Fin. II,24. Aut Pylades quum sis — non precarere, collato lib. V, cap. 22. med.
3. Die Interpretationsübungen wurden wie gewöhnlich regelmäßig angestellt; und zwar ließ Herr Professor Buttmann im ersten halben Jahre das dritte Buch der Horazischen Oden und im zweiten etliche Satiren des Juvenal erklären; der Director ließ in beiden Semestern den Thucydides auslegen,10 wobei die Mitglieder großen Eifer zeigten. Auch waren mehrere andere außer denselben Zuhörer bei diesen Übungen.
Für das Winterhalbejahr ertheilte ein hohes Ministerium auf den Antrag des Directors durch das Rescript vom 7. April folgende Prämien:
den Studiosus Kritz 30 Reichsthaler
den Studiosen Heindorf
Panofka
Haupt, } jedem 25 Reichsthaler
den Studiosen Lindner
Walter
Wernike
Balsam
Sökeland } jedem 20 Reichsthaler
für das Sommerhalbejahr aber durch das hochgefällige Rescript vom 11. August folgende:
den Studiosen Heindorf
Panofka
Haupt
Sökeland } jedem 25 Reichsthaler
den Studiosen Walter
Wernike
Balsam
Langbein
Göschen
Bonnell } jedem 20 Reichsthaler
Gesammtsumme 425 Reichsthaler. Da nun die etatsmäßige Summe der Prämien nur 400 Reichsthaler beträgt, so wurden noch 25 Reichsthaler aus den früheren Ersparnissen zugenommen, welche nun aber bis auf 5 Reichsthaler aufgebraucht sind. Der Director ist überzeugt, daß, wenn auch einzelne Mitglieder noch ziemlich schwach sind, dennoch die Prämien zur Aufmunterung und bei den Bedürftigern zur Unterstützung wohl angewandt werden. Das Maß der Prämien ist auch durchaus immer nach genauer Berücksichtigung der Umstände und Würdigkeit der Mitglieder bestimmt, und dabei die möglichste Sparsamkeit zur Richtschnur genommen worden; daher ist früher häufig die etatsmäßige Summe nicht vollständig verwandt worden. Jetzo hat sich dagegen das Verhältniß umgekehrt, und es wäre daher, nachdem die Rückstände fast verbraucht sind, sehr wünschenswerth, wenn die für das Seminar ausgesetzte Summe etwas vermehrt werden könnte, nicht sowohl in der
10 Es handelt sich wahrscheinlich um Thukydides' Der Peloponnesische Krieg.
a Absicht, alles, was ein hohes Ministerium etwa noch zulegen dürfte, jedesmahl zu verwenden, sondern um für vorkommende Fälle nicht zu beschränkt zu sein, und aus den etwanigen Überschüssen die §. 12. des Reglements erwähnte Unterstützung bei vorkommenden Promotionen leisten zu können; welches letztere unter den gegenwärtigen Umständen ganz unmöglich sein würde.
Daß die Anstalt von den Studirenden fleissig benutzt wird, und der Nutzen desselben sich dadurch vermehrt, geht aus der Anzahl der Theilnehmenden (I.) hervor; aber den Erfolg in der Ausbildung der Einzelnen haben die Lehrer nicht völlig in ihrer Gewalt, da er von vielen Umständen, vorzüglich aber von dem Maße des Talentes und von der auf die Universität gebrachten Vorbereitung abhängt. Im Ganzen genommen sind jedoch die jetzigen Mitglieder von der Art, daß ich Ursache habe mit der Mehrheit zufrieden zu sein. In der Charakteristik der Einzelnen beschränke ich mich auf die ordentlichen Mitglieder, von welchen zwei, Kritz und Lindner, ietzt nicht mehr an der Anstalt theilnehmen, drei, Heindorf, Panofka und Haupt schon länger das Seminar besuchen, die übrigen aber so zu sagen als Nachwuchs zu betrachten sind, weshalb man mit dem größern Theile derselben viele Nachsicht haben muß. Kritz, welcher Ostern abging, hatte sich besonders mit der Römischen Litteratur beschäftigt, und ist ein kenntnißreicher und sehr brauchbarer junger Mann geworden; ietzo ist er, wie oben bemerkt worden, Mitglied des Seminars für gelehrte Schulen. Lindner ist vor einem halben Jahre von hier abgegangen und hat sich zur Fortsetzung seiner Studien nach Leipzig begeben; es fehlte seinem Studiren an Methode; und er hatte zu viel Flüchtigkeit in der Behandlung der Gegenstände, wählte auch, wie ich oben gesagt habe, gewöhnlich solche, die für ihn zu schwierig waren. Er befindet sich gegenwärtig wieder hier und wünscht eine Anstellung im Preußischen als Schulmann, oder zunächst als Mitglied des Seminars für gelehrte Schulen: wobei iedoch wegen seiner Körpergestalt ein Bedenken eintreten könnte. Heindorf und Panofka haben bereits gute Fortschritte gemacht und werden sich gewiß recht zweckmäßig ausbilden. Haupt zeichnet sich fortwährend durch große Ordnungsliebe und durch Geläufigkeit im Disputiren, weniger durch Urtheilskraft aus. Unter den jüngern Mitgliedern ist Sökeland ohne Zweifel der vorzüglichste; mit regem Fleiß verbindet er eine gewisse Reife des Urtheils, und berechtigt zu vorzüglichen Erwartungen. Walter, Balsam, Göschen und Bonnell verdienen ebenfalls Lob, lassen sich aber noch nicht vollkommen charakterisiren; am wenigsten lässt sich ein bestimmtes Verhältnis ihrer Talente und Kenntnisse in Vergleich des einen gegen den andern feststellen. Gegen diese aber sind Langbein und Wernike als die schwächsten, noch weit zurück.
Der Unterzeichnete beschließt diesen Bericht mit der gehorsamsten Bitte um nachsichtige Beurtheilung, und mit der Versicherung, daß er nichts versäumt, was er dazu beitragen kann, so viel Gutes, als den Umständen nach jedesmahl möglich ist, durch das philologische Seminar zu wirken.
Berlin den 12. October 1821. der Director des philologischen Seminars. Böckh.