
Staatsbibliothek zu Berlin / Handschriftenabteilung
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Staatsbibliothek zu Berlin
Ich will diesen Brief erfrischen, der Monathe
gelegen hat, und mag ihn dennoch nicht wieder
lesen, wie er Dir bestim̄t gewesen, magst
du ihn auch erhalten, er ist dein und nicht mehr
mein, zu wehmüthig sehen einen so ver[...]altete
Züge wieder an. – mir gehts leidlich –
ich hohre fast keine Collegia und bin lediglich
mit meinem Herbario beschäftigt, der [mir]
unter der Hand wachst und gedeiht so daß
der Arbeit immer mehr wird. –
in diesem künftigen Sommer will ich,
so gott will auf den Tausch sam̄eln,
ich sehe daß es doch nichts ist mit dem
Tausch der Catalogen,5 ich werde für
dich eine Sendung nordischer pflanzen
bereiten als da sind. [6u.s.w. Carex chondorizhiza7
lilmosa,8 dioica,9 Calla pallustris,10 potamogeton[...]zosteri folium,11praelungum Wulfen.12 u.s.w.
vielleicht auch einige allpen pflanzen aufs
gerathe wohl hinzu fügen, und wenn du
botanische verbindungen besonders mit
Südfrankreich hast, so bereite uns dagegen
eine Sendung solcher guten Pflanzen undbsorge daß besonders der Standort
1 Sumpfporst bzw. Wilder Rosmarin
2 Rosmarin- oder auch Lavendelheide
3 Krebsschere
4 Siebenstern
5 In Hitzigs Edition Leben und Briefe von Adelbert von Chamisso steht an dieser Stelle „Kataloge“.
6 Die von Hitzig gesetzten roten Klammern markieren Streichungen für den Druck. Die hier markierte, von Blatt 1 bis Blatt 3 reichende Passage fehlt demnach im Druck von Hitzig und Palm.
7 Fadenwurzelige Segge
8 Schlamm-Segge
9 Zweihäusige Segge
10 Drachenwurz oder auch Sumpfkalla
11 Flachstängeliges Laichkraut
12 Eigentlich „praelongum Wulfen“: Gestrecktes Laichkraut
so wohl G nach der Natur des erzeugenden
Bodens als nach der Gegend bezeichnet
werde. – auch algen werden willkom̄en
sein, mit diesen habe ich mir hier
Freünde gemacht und manches gute
bekom̄en. – Orchideen und Najaden13
werden erwünscht sein, auch gebe
die Autorität an für die Bestimmung,
nach welchem Autor und nach welchem
Buch sie vorgenommen. – Deine
Bestimmungen sind auch nicht immer
die richtigsten – Salsola soda14 wird wohl
nichts anders sein als Chenopodium
Marinum. –
vielleicht arbeite ich noch in diesemsom̄er winter einen Auszug meiner
Desiderata aus der flolre francaise de
Dedcandole. – und lasse dir solchen
zukom̄en, der sStam̄ meines Herbarii
besteht aus der fast v[...]ollstandigen
flora der Helvetischen Allpen – der
Berliner flora, ein paar Tausend
Garten Pflanzen, deine Algen und
Littoralen,15 1 Hundert Capische einige
Hundert sudfranzösche süddeutsche
Asiatische, Lapponische und andere ausgetauschte
Pflanzen – ein guter Freund16 sammelt
am Cap für mich.] –
Lieber Freund ich lielge auf meinem
Heu in [...]erwartung des frischen Grasses
lasse die welt gehn und ziehe einen
fuß nach dem andern aus ihr heraus
niemand und nichts fesselt mich recht
mehr und ich glaube man mögte fast
so ein[...] abgekühltes Thier einen Philosophen
nennen, ware nicht grade das erste was
ich hasse und verachte die Philosophie –
Mein Siebenmeilig gestiegfelt Freund
geht indessen ganz gut17, und hat was
man sagen konnte ein ausgezeichnetes Glück
gemacht. Habeat Sibi[...].18 wird es19 wohl
einmal n[...]chzu den Franzosen übersetzen,
ich glaube nicht, er komme wenigstens
nur mit den Stiefeln hin nicht mit dem
Herzen.20 – lebe so wohl du kannst
lieber junge, und Χαιρε21 wenn du es
vermagst, – wir werden allmälig
schon alt et le plus fort en est fait:22
23. Januar 181523
16 Vermutlich ist mit diesem Freund Karl Heinrich Bergius gemeint.
17 Peter Schlemihl's wundersame Geschichte ist im Herbst 1814 erschienen. Innerhalb kurzer Zeit folgten Nachdrucke des außerordentlich erfolgreichen Werkes.
18 Übersetzung (lat.): Er habe seinen Willen.
19 In Hitzigs Leben und Briefe von Adelbert von Chamisso steht an dieser Stelle „es“.
20 Die erste französische Übersetzung des Schlemihl, von Chamissos Bruder Hippolyte de Chamisso, wurde 1822 veröffentlicht.
21 Übersetzung (lat.): Sei gegrüßt.
22 Übersetzung (frz.): Und der größte Teil [i.e. des Lebens] ist schon geschafft.
23 In Hitzigs Leben und Briefe von Adelbert von Chamisso wird das Datum ausgelassen und die Initiale „A.“ als Unterschrift hinzugefügt.
Ich will diesen Brief erfrischen, der Monathe gelegen hat, und mag ihn dennoch nicht wieder lesen, wie er Dir bestimmt gewesen, magst du ihn auch erhalten, er ist dein und nicht mehr mein, zu wehmüthig sehen einen so veraltete Züge wieder an. – mir gehts leidlich – ich hohre fast keine Collegia und bin lediglich mit meinem Herbario beschäftigt, der [mir] unter der Hand wachst und gedeiht so daß der Arbeit immer mehr wird. –
in diesem künftigen Sommer will ich, so gott will auf den Tausch sammeln, ich sehe daß es doch nichts ist mit dem Tausch der Catalogen,5 ich werde für dich eine Sendung nordischer pflanzen bereiten als da sind. Carex chondorhiza6 Carex limosa,7 Carex dioica,8 Calla pallustris,9 potamogeton zosteri folium,10potamogeton praelongum Wulfen.11 und so weiter. vielleicht auch einige alpen pflanzen aufs gerathe wohl hinzu fügen, und wenn du botanische verbindungen besonders mit Südfrankreich hast, so bereite uns dagegen eine Sendung solcher guten Pflanzen und sorge daß besonders der Standort
1 Sumpfporst bzw. Wilder Rosmarin
2 Rosmarin- oder auch Lavendelheide
3 Krebsschere
4 Siebenstern
5 In Hitzigs Edition Leben und Briefe von Adelbert von Chamisso steht an dieser Stelle „Kataloge“.
6 Fadenwurzelige Segge
7 Schlamm-Segge
8 Zweihäusige Segge
9 Drachenwurz oder auch Sumpfkalla
10 Flachstängeliges Laichkraut
11 Eigentlich „praelongum Wulfen“: Gestrecktes Laichkraut
so wohl nach der Natur des erzeugenden Bodens als nach der Gegend bezeichnet werde. – auch algen werden willkommen sein, mit diesen habe ich mir hier Freünde gemacht und manches gute bekommen. – Orchideen und Najaden12 werden erwünscht sein, auch gebe die Autorität an für die Bestimmung, nach welchem Autor und nach welchem Buch sie vorgenommen. – Deine Bestimmungen sind auch nicht immer die richtigsten – Salsola soda13 wird wohl nichts anders sein als Chenopodium Marinum. –
vielleicht arbeite ich noch in diesem winter einen Auszug meiner Desiderata aus der flore francaise de Decandole. – und lasse dir solchen zukommen, der Stamm meines Herbarii besteht aus der fast vollstandigen flora der Helvetischen Alpen – der Berliner flora, ein paar Tausend Garten Pflanzen, deine Algen und Littoralen,14 1 Hundert Capische einige Hundert sudfranzösche süddeutsche
Asiatische, Lapponische und andere ausgetauschte Pflanzen – ein guter Freund15 sammelt am Cap für mich. –
Lieber Freund ich liege auf meinem Heu in [...]erwartung des frischen Grasses lasse die welt gehn und ziehe einen fuß nach dem andern aus ihr heraus niemand und nichts fesselt mich recht mehr und ich glaube man mögte fast so ein abgekühltes Thier einen Philosophen nennen, ware nicht grade das erste was ich hasse und verachte die Philosophie –
Mein Siebenmeilig gestiefelt Freund geht indessen ganz gut16, und hat was man sagen konnte ein ausgezeichnetes Glück gemacht. Habeat Sibi[...].17 wird 18 wohl einmal zu den Franzosen übersetzen, ich glaube nicht, er komme wenigstens nur mit den Stiefeln hin nicht mit dem Herzen.19 – lebe so wohl du kannst lieber junge, und Χαιρε20 wenn du es vermagst, – wir werden allmälig schon alt et le plus fort en est fait:21 23. Januar 181522
15 Vermutlich ist mit diesem Freund Karl Heinrich Bergius gemeint.
16 Peter Schlemihl's wundersame Geschichte ist im Herbst 1814 erschienen. Innerhalb kurzer Zeit folgten Nachdrucke des außerordentlich erfolgreichen Werkes.
17 Übersetzung (lat.): Er habe seinen Willen.
18 In Hitzigs Leben und Briefe von Adelbert von Chamisso steht an dieser Stelle „es“.
19 Die erste französische Übersetzung des Schlemihl, von Chamissos Bruder Hippolyte de Chamisso, wurde 1822 veröffentlicht.
20 Übersetzung (lat.): Sei gegrüßt.
21 Übersetzung (frz.): Und der größte Teil [i.e. des Lebens] ist schon geschafft.
22 In Hitzigs Leben und Briefe von Adelbert von Chamisso wird das Datum ausgelassen und die Initiale „A.“ als Unterschrift hinzugefügt.