Briefe und Texte
aus dem intellektuellen
Berlin um 1800

Brief von Ludwig Tieck an Friedrich von Raumer (Dresden, 31. Juli 1826)

 

 

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    245
    Tieck an Raumer 31 Juli 26

    Mein geliebter Freund,

    Nur etwas Eiliges auf Ihren eiligen Brief. —
    Als ich hier ankam, fand ich hier einen offiziellen
    Brief von Schenk, der die Berufung im Namen des Königes
    enthielt,1 u zwar so ehrenvoll, als möglich, daß ich lesen kön̄e,
    was u wie ich wolle, daß ich nicht gehalten sei, eigentliche
    Aesthetik vorzutragen, u dgl. Ich theilte dies meiner Familie
    sogleich mit, denn meine Geheimnißkrämerei bezog sich
    nur darauf, im Fall noch kein solcher Ruf angekom̄en sei
    u Aeusserungen der meinigen, da man so leicht u schnell
    klatsche, in München wiedertönen, u den Ruf gänzlich ver=
    hindern konnten. Ich finde es nur sonderbar, daß man
    uns nicht sogleich meldet, was man uns anbieten kann
    und will. Ich werde nun sogleich im Sinn Ihres Briefes
    nach München schreiben, mir aber doch noch die Thür offen lassen,
    daß ich zurück treten kann, denn in meinem Alter und
    bei meiner Kränklichkeit bleibe ich viel lieber hier. Es
    kömmt mir dahbei sehr gewagt vor, mich so spät noch
    zum Professor ein zu exerciren: 200 Thaler, odr 3000
    Gulden Silber ist gewiß das Wenigste, was ich fordern

    Kommentare

    1 Der Brief Eduard von Schenks vom 7. Juli 1826, in dem Tieck anlässlich der Verlegung der Ludwig-Maximilians-Universität von Landshut nach München eine Professur angetragen wird, ist gedruckt bei Holtei: Briefe an Tieck III, S. 216ff.
    Vgl. zum Kontext der Berufung und Tiecks Ablehnung des Postens Zeydel und Matenko 1930, S. 25ff. sowie den Brief von Tieck an Raumer vom 14. August 1826 (S. 1).

    kann. Die Sache ist nun hier bekannt, und auch
    beim Minister anhängig gemacht. Wir wollen nun
    sehn. Es wär eine Schande für Dresden, wenn man mich
    bei meinen mässigen Fordrungen so abziehn liesse, und
    ich glaube mit Zuversicht, daß ich dann hier bleiben werde.
    Insofern dies nur, mein gliebter Freund, auf Ihren redlichen
    Entschluß Einfluß hat, werden Sie auch nicht zu schnell
    abschliessen. Der Minister hat sich schon günstig für mich
    geäussert. Kom̄en Sie nur recht bald! Mündlich
    viel davon. In 8 Tagen ohngefähr muß es sich
    hier entschieden haben. Gruß Ihnen u allen.

    Eiligst.

    Ihr

    L. Tieck

    Dresden

    den 31ten Juli.

    1826.

    246
    2
    (Stempel: "[...]DEN 31. Juli 26")

    Sr. Hochwohlgebohren
    des Herrn Regierungsrathes und
    Professors von Raumer
    in
    Berlin

    cito!

    Kommentare

    2 Auf dem Blatt finden sich diverse Postvermerke.

    Mein geliebter Freund,

    Nur etwas Eiliges auf Ihren eiligen Brief. — Als ich hier ankam, fand ich hier einen offiziellen Brief von Schenk, der die Berufung im Namen des Königes enthielt,1 und zwar so ehrenvoll, als möglich, daß ich lesen könne, was und wie ich wolle, daß ich nicht gehalten sei, eigentliche Aesthetik vorzutragen, und dergleichen. Ich theilte dies meiner Familie sogleich mit, denn meine Geheimnißkrämerei bezog sich nur darauf, im Fall noch kein solcher Ruf angekommen sei und Aeusserungen der meinigen, da man so leicht und schnell klatsche, in München wiedertönen, und den Ruf gänzlich verhindern konnten. Ich finde es nur sonderbar, daß man uns nicht sogleich meldet, was man uns anbieten kann und will. Ich werde nun sogleich im Sinn Ihres Briefes nach München schreiben, mir aber doch noch die Thür offen lassen, daß ich zurück treten kann, denn in meinem Alter und bei meiner Kränklichkeit bleibe ich viel lieber hier. Es kömmt mir dabei sehr gewagt vor, mich so spät noch zum Professor ein zu exerciren: 200 Thaler, oder 3000 Gulden Silber ist gewiß das Wenigste, was ich fordern

    Kommentare

    1 Der Brief Eduard von Schenks vom 7. Juli 1826, in dem Tieck anlässlich der Verlegung der Ludwig-Maximilians-Universität von Landshut nach München eine Professur angetragen wird, ist gedruckt bei Holtei: Briefe an Tieck III, S. 216ff. Vgl. zum Kontext der Berufung und Tiecks Ablehnung des Postens Zeydel und Matenko 1930, S. 25ff. sowie den Brief von Tieck an Raumer vom 14. August 1826 (S. 1).

    kann. Die Sache ist nun hier bekannt, und auch beim Minister anhängig gemacht. Wir wollen nun sehn. Es wär eine Schande für Dresden, wenn man mich bei meinen mässigen Fordrungen so abziehn liesse, und ich glaube mit Zuversicht, daß ich dann hier bleiben werde. Insofern dies nur, mein geliebter Freund, auf Ihren redlichen Entschluß Einfluß hat, werden Sie auch nicht zu schnell abschliessen. Der Minister hat sich schon günstig für mich geäussert. Kommen Sie nur recht bald! Mündlich viel davon. In 8 Tagen ohngefähr muß es sich hier entschieden haben. Gruß Ihnen und allen.

    Eiligst.

    Ihr

    L. Tieck

    Dresden

    den 31ten Juli.

    1826.

    Seiner Hochwohlgebohren
    des Herrn Regierungsrathes und
    Professors von Raumer
    in
    Berlin

    cito!