
Staatsbibliothek zu Berlin / Handschriftenabteilung
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Mein geliebter Freund,
Nur etwas Eiliges auf Ihren eiligen Brief. —
Als ich hier ankam, fand ich hier einen offiziellen
Brief von Schenk, der die Berufung im Namen des Königes
enthielt,1 u zwar so ehrenvoll, als möglich, daß ich lesen kön̄e,
was u wie ich wolle, daß ich nicht gehalten sei, eigentliche
Aesthetik vorzutragen, u dgl. Ich theilte dies meiner Familie
sogleich mit, denn meine Geheimnißkrämerei bezog sich
nur darauf, im Fall noch kein solcher Ruf angekom̄en sei
u Aeusserungen der meinigen, da man so leicht u schnell
klatsche, in München wiedertönen, u den Ruf gänzlich ver=
hindern konnten. Ich finde es nur sonderbar, daß man
uns nicht sogleich meldet, was man uns anbieten kann
und will. Ich werde nun sogleich im Sinn Ihres Briefes
nach München schreiben, mir aber doch noch die Thür offen lassen,
daß ich zurück treten kann, denn in meinem Alter und
bei meiner Kränklichkeit bleibe ich viel lieber hier. Es
kömmt mir dahbei sehr gewagt vor, mich so spät noch
zum Professor ein zu exerciren: 200 Thaler, odr 3000
Gulden Silber ist gewiß das Wenigste, was ich fordern
1 Der Brief Eduard von Schenks vom 7. Juli 1826, in dem Tieck anlässlich der Verlegung der Ludwig-Maximilians-Universität von Landshut nach München eine Professur angetragen wird, ist gedruckt bei Holtei: Briefe an Tieck III, S. 216ff.
Vgl. zum Kontext der Berufung und Tiecks Ablehnung des Postens Zeydel und Matenko 1930, S. 25ff. sowie den Brief von Tieck an Raumer vom 14. August 1826 (S. 1).
kann. Die Sache ist nun hier bekannt, und auch
beim Minister anhängig gemacht. Wir wollen nun
sehn. Es wär eine Schande für Dresden, wenn man mich
bei meinen mässigen Fordrungen so abziehn liesse, und
ich glaube mit Zuversicht, daß ich dann hier bleiben werde.
Insofern dies nur, mein gliebter Freund, auf Ihren redlichen
Entschluß Einfluß hat, werden Sie auch nicht zu schnell
abschliessen. Der Minister hat sich schon günstig für mich
geäussert. Kom̄en Sie nur recht bald! Mündlich
viel davon. In 8 Tagen ohngefähr muß es sich
hier entschieden haben. Gruß Ihnen u allen.
Eiligst.
Ihr
den 31ten Juli.
1826.
Mein geliebter Freund,
Nur etwas Eiliges auf Ihren eiligen Brief. — Als ich hier ankam, fand ich hier einen offiziellen Brief von Schenk, der die Berufung im Namen des Königes enthielt,1 und zwar so ehrenvoll, als möglich, daß ich lesen könne, was und wie ich wolle, daß ich nicht gehalten sei, eigentliche Aesthetik vorzutragen, und dergleichen. Ich theilte dies meiner Familie sogleich mit, denn meine Geheimnißkrämerei bezog sich nur darauf, im Fall noch kein solcher Ruf angekommen sei und Aeusserungen der meinigen, da man so leicht und schnell klatsche, in München wiedertönen, und den Ruf gänzlich verhindern konnten. Ich finde es nur sonderbar, daß man uns nicht sogleich meldet, was man uns anbieten kann und will. Ich werde nun sogleich im Sinn Ihres Briefes nach München schreiben, mir aber doch noch die Thür offen lassen, daß ich zurück treten kann, denn in meinem Alter und bei meiner Kränklichkeit bleibe ich viel lieber hier. Es kömmt mir dabei sehr gewagt vor, mich so spät noch zum Professor ein zu exerciren: 200 Thaler, oder 3000 Gulden Silber ist gewiß das Wenigste, was ich fordern
1 Der Brief Eduard von Schenks vom 7. Juli 1826, in dem Tieck anlässlich der Verlegung der Ludwig-Maximilians-Universität von Landshut nach München eine Professur angetragen wird, ist gedruckt bei Holtei: Briefe an Tieck III, S. 216ff. Vgl. zum Kontext der Berufung und Tiecks Ablehnung des Postens Zeydel und Matenko 1930, S. 25ff. sowie den Brief von Tieck an Raumer vom 14. August 1826 (S. 1).
kann. Die Sache ist nun hier bekannt, und auch beim Minister anhängig gemacht. Wir wollen nun sehn. Es wär eine Schande für Dresden, wenn man mich bei meinen mässigen Fordrungen so abziehn liesse, und ich glaube mit Zuversicht, daß ich dann hier bleiben werde. Insofern dies nur, mein geliebter Freund, auf Ihren redlichen Entschluß Einfluß hat, werden Sie auch nicht zu schnell abschliessen. Der Minister hat sich schon günstig für mich geäussert. Kommen Sie nur recht bald! Mündlich viel davon. In 8 Tagen ohngefähr muß es sich hier entschieden haben. Gruß Ihnen und allen.
Eiligst.
Ihr
den 31ten Juli.
1826.
Seiner Hochwohlgebohren
des Herrn Regierungsrathes und
Professors von Raumer
in
Berlin