
Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften Görlitz
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Dresden den 30 Dec.
Wir haben so lange nichts von Ihnen ge=
hört, mein theuerster Freund, und es ver=
langt mich so sehr wieder Nachricht von
Ihnen zu erhalten, daß ich es nicht länger
aufschieben kann zu schreiben. Ich fürchte
Sie warten immer noch auf einen Brief
von meinem Vater;1 vielmehr, ich hoffe daß
nur dies, und nicht Krankheit oder sonst
ein Leiden Sie vom Schreiben abhielt.
Mein Vater wird so bald nicht dazu kom̄en
Ihnen zu schreiben: erst war er schon
seit dem Winte Herbst leidend, an be=
ständigem Kathar und Husten, was
ihn immer sehr angreift, und jetzt, da
es ihm besser geht hat er eine Arbeit
angefangen, und da entschließt er sich
denn nicht leicht zu einer Unterbrechung
deshalb warten Sie nun nicht länger,
theuerster Freund, und schreiben Sie mir
recht bald, glauben Sie nur daß Sie mich
1 Vgl. Brief vom 7. Oktober 1835, S. 1 (Bl. 1 recto).
dadurch von einer Sorge befreien, die im̄er
drückender wird, je länger ich nichts von
Ihnen höre. Meine Mutter hat einen hef=
tigen Husten gehabt, und dadurch wieder
an Kräften abgenommen, da aber ihr
Hauptübel2 gar nicht zunim̄t so hoffe ich
sie erholt sich bald wieder. Den größten
Krankheitsbericht muß ich Ihnen nun noch
von mir selbst geben. Ich hätte Ihnen
schon längst wieder geschrieben; aber
Ende November wurde ich bedeutend
krank, das Uebel ist zwar schon längst
gehoben, aber ich bin noch so schwach und
erhole mich so langsam, daß dieser
Brief wirklich die erste ernstere Be=
schäftigung ist die ich vornehmen kann
Meine Krankheit fing mit Fieber und
heftigen Seitenschmerzen an, und die
schnelle Hülfe und Carus große Sorg=
falt hat wohl nur eine Leberentzün=
dung verhindert. Im Fest bin ich zuerst
wieder in die Kirche gegangen und habe
2 Amalia Tieck litt bereits seit fast zwei Jahren an Unterleibsbeschwerden und Wasseransammlung in den Beinen.
nur einige Besuche gemacht, die Folge
davon ist aber ein geschwollnes Gesicht
mit dem ich nun wieder zu Hause sitzen
muß. Bei dem schrecklichen Wetter,
dem beständigen Sturm und Regen er=
holt man sich recht schwer. Agnes ist
immer gesund gewesen und hat uns
treu gepflegt.
Ich könnte Ihnen noch viel erzählen,
von dem Geburtstag des Königs, der
den Sonntag hier sehr glänzend ge=
feiert ward,3 aber das Schreiben wird
mir schwer und ich schließe mit der
Bitte diesen unbedeutenden Zettel
zu vergeben und recht bald mit
einem Briefe zu erfreuen,
Ihre treue Freundin̄
Dorothea T.
3 König Anton I. von Sachsen feierte am 27. Dezember 1835 seinen 80. Geburtstag, die Feierlichkeiten dauerten 3 Tage und umfassten bspw. die Errichtung eines Jubelobelisks auf dem Neumarkt, die festliche Ilumination und Dekoration zahlreicher Gebäude und einen Huldigungszug durch die Stadt, bestehend aus 9 Greisen im Alter von 80 bis 89 Jahren, 80 Landmädchen und 80 Bauernburschen in ländlicher Tracht. Es war die erste öffentliche Feier eines monarchischen Geburtsjubiläums in Sachsen. (Vgl. Mergen: Monarchiejubiläen im 19. Jahrhundert, S. 133–156.)
Sr Hochwohlgeb
Dem Landgerichts-Rath
Freiherrn von Uichtritz
in
Düsseldorf
am Rhein.
Dresden den 30 December Wir haben so lange nichts von Ihnen gehört, mein theuerster Freund, und es verlangt mich so sehr wieder Nachricht von Ihnen zu erhalten, daß ich es nicht länger aufschieben kann zu schreiben. Ich fürchte Sie warten immer noch auf einen Brief von meinem Vater;1 vielmehr, ich hoffe daß nur dies, und nicht Krankheit oder sonst ein Leiden Sie vom Schreiben abhielt. Mein Vater wird so bald nicht dazu kommen Ihnen zu schreiben: erst war er schon seit dem Herbst leidend, an beständigem Kathar und Husten, was ihn immer sehr angreift, und jetzt, da es ihm besser geht hat er eine Arbeit angefangen, und da entschließt er sich denn nicht leicht zu einer Unterbrechung deshalb warten Sie nun nicht länger, theuerster Freund, und schreiben Sie mir recht bald, glauben Sie nur daß Sie mich
1 Vgl. Brief vom 7. Oktober 1835, S. 1 (Bl. 1 recto).
dadurch von einer Sorge befreien, die immer drückender wird, je länger ich nichts von Ihnen höre. Meine Mutter hat einen heftigen Husten gehabt, und dadurch wieder an Kräften abgenommen, da aber ihr Hauptübel2 gar nicht zunimmt so hoffe ich sie erholt sich bald wieder. Den größten Krankheitsbericht muß ich Ihnen nun noch von mir selbst geben. Ich hätte Ihnen schon längst wieder geschrieben; aber Ende November wurde ich bedeutend krank, das Uebel ist zwar schon längst gehoben, aber ich bin noch so schwach und erhole mich so langsam, daß dieser Brief wirklich die erste ernstere Beschäftigung ist die ich vornehmen kann Meine Krankheit fing mit Fieber und heftigen Seitenschmerzen an, und die schnelle Hülfe und Carus große Sorgfalt hat wohl nur eine Leberentzündung verhindert. Im Fest bin ich zuerst wieder in die Kirche gegangen und habe
2 Amalia Tieck litt bereits seit fast zwei Jahren an Unterleibsbeschwerden und Wasseransammlung in den Beinen.
nur einige Besuche gemacht, die Folge davon ist aber ein geschwollnes Gesicht mit dem ich nun wieder zu Hause sitzen muß. Bei dem schrecklichen Wetter, dem beständigen Sturm und Regen erholt man sich recht schwer. Agnes ist immer gesund gewesen und hat uns treu gepflegt.
Ich könnte Ihnen noch viel erzählen, von dem Geburtstag des Königs, der den Sonntag hier sehr glänzend gefeiert ward,3 aber das Schreiben wird mir schwer und ich schließe mit der Bitte diesen unbedeutenden Zettel zu vergeben und recht bald mit einem Briefe zu erfreuen, Ihre treue Freundinn Dorothea Tieck
3 König Anton I. von Sachsen feierte am 27. Dezember 1835 seinen 80. Geburtstag, die Feierlichkeiten dauerten 3 Tage und umfassten bspw. die Errichtung eines Jubelobelisks auf dem Neumarkt, die festliche Ilumination und Dekoration zahlreicher Gebäude und einen Huldigungszug durch die Stadt, bestehend aus 9 Greisen im Alter von 80 bis 89 Jahren, 80 Landmädchen und 80 Bauernburschen in ländlicher Tracht. Es war die erste öffentliche Feier eines monarchischen Geburtsjubiläums in Sachsen. (Vgl. Mergen: Monarchiejubiläen im 19. Jahrhundert, S. 133–156.)
Seiner Hochwohlgeboren
Dem Landgerichts-Rath
Freiherrn von Uichtritz
in
Düsseldorf
am Rhein.